Tamedia/Newsnetz:
„Boulevardsau“ rausgelassen

Tamedia setzt mit dem Newsnetz neue Qualitätsmassstäbe beim Online-Journalismus – im unteren Bereich der Skala.

Im August 2008 übergaben Tages-Anzeiger, Berner Zeitung und Basler Zeitung, später auch der Bund und die Thurgauer Zeitung, ihre bisherigen Websites dem Newsnetz, einer neuen Online-Zentralredaktion in Zürich mit Regionalredaktionen in Basel und Bern. Zuvor bestanden ihre Websites aus abgefüllten Zeitungsinhalten, die mit aktuellen Agenturmeldungen angereichert wurden, sowie nicht-journalistischen Service-Rubriken.

Das neue Projekt war merklich grösser dimensioniert und wurde angekündigt als das “bisher ambitiöseste journalistische Projekt im Internet”. Im Begrüssungstext hiess es: “Die Zeiten, in denen Onlinejournalismus in der Schweiz im Copy-Paste-Verfahren betrieben wurde, sind vorbei. Heute weiss man: Qualität hat ihren Preis.” Auch auf newsnetz.ch steht dieser Anspruch ungebrochen: “Newsnetz: Der schnellste Qualitätsjournalismus im Netz!”

Doch tatsächlich haben viele Aktivitäten des Newsnetz nichts mit Qualitätsjournalismus zu tun: “Schwangere Brasilianerin von Schweizer Neonazis schwer misshandelt”, hiess es zum Beispiel am 11. Februar 2009. Eine Schlagzeile, von der sich nur das Wort “Brasilianerin” als wahr herausgestellt hat. Von Zweifeln war noch in der gleichen Story zu lesen. Tagesanzeiger.ch schrieb am Ende des kurzen Artikels diesen abstrusen Satz, Tippfehler inklusive: “In brasilianischen medien wurde auch berichtet, der Polizsit, der als erste am Tatort gewesen sei und den Fall behandelt habe gegenüber dem Opfer und ihrem Freund Zweifel an den Schilderungen geäussert.”

Inzwischen sind solche Schludrigkeiten nur noch per Screenshot beweisbar, denn das Newsnetz schreibt laufend Artikel um, ohne die Veränderungen zu dokumentieren.

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Bild: Screenshot tagesanzeiger.ch

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