Haudrauf

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Heute Morgen, kurz nach 8:30 Uhr, verliess ich das Haus, um am nahegelegenen Automat, ein kleiner Raum, der mit „Sparkasse“ angeschrieben ist, „Geld zu ziehen“, wie man hier so sagt. Es war ein sonniger Morgen. Hätte es Vögel gehabt in meiner Strasse zu dieser Zeit – sie hätten bestimmt gezwitschert. Nun erblickte ich einen Mann, der auf der anderen Strassenseite eben die Klingel eines Wohnhauses gedrückt hatte, und, sich rückwärts davon wegbewegend, laut „Ich will jetzt mein Geld!“ rief. Es handelte sich dabei um einen stattlich-korpulenten Handwerker mit kurzen, dunklen Haaren.

Es erschien eine Frau im Eingang, die sich an den Kopf tippte und ihn fragte, warum er denn auf der Strasse rumschreie. Ich zog mein Geld. Als ich wieder zurückkehrte, stand der Mann bei seinem Auto und diskutierte laut mit einem anderen Mann. Dieser war etwas grösser und dürrer, auch er sah aus wie ein Handwerker. Beide hatten nur Augen füreinander, weitgeöffnete, redeten sehr laut und unterstrichen ihre Worte mit allerlei abgehackten Gesten. In die Luft stechende Finger und federnde Absätze zum Beispiel. Es trennte sie nur die geöffnete Wagentüre, hinter der sich der Besucher versteckt hatte. Ein Angriff mit Rückzugsmanöver.

Ich war schon einige Meter an ihnen vorbei, als mich ein Geräusch umdrehen liess. Die beiden waren sich noch näher gekommen und rangen nun miteinander auf dem Gehsteig, verkeilt ineinander. Wir drei waren ganz alleine auf der Strasse. Ich mich entfernend und mich immer wieder umdrehend. Die beiden bald 50jährigen, im stillen Kampf miteinander. Das letzte Bild, bevor ich guter Laune um die Ecke bog und dort in gleichgültige Gesichter mit Alltagssorgen blickte, war der nackte Oberkörper des Feisten, dem vom Dürren das T-Shirt über den Kopf gezogen wurde. Als ich ins Auto stieg und losfuhr, überholte mich ein Polizeiwagen mit Blaulicht und Sirene. Ich machte Platz.

Journalist