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Die Bankenrettungsspiele kehren zurück

Machen wir uns nichts vor: Die Finanzkrise von 2007 wurde nie gelöst – und kommt nun mit Schwung durch die Drehtür wieder zurück. Und fast alle im vermeintlich kapitalistischen Westen schauen auf die eine Instanz, die alle Probleme lösen soll, kann, muss: den Staat. Diesbezüglich hat der Bundesrat am Wochenende nicht enttäuscht; er griff notfallmässig ein und trieb eine Grossbankenübernahme voran. Am Ende schluckte die UBS die Credit Suisse für einen Betrag, den man noch vor ein paar Wochen für völlig lächerlich gehalten hätte: 3 Milliarden Franken.

Gesetze, die nach der letzten Finanzkrise eingeführt wurden, um einen erneuten Flächenbrand verhindern, existieren. Doch angewendet wurden sie nicht, denn sie scheinen nicht zu greifen. Also handelten die Spitzen in Staat und Wirtschaft intuitiv und kreativ. Die Frage, ob alle Entscheide eine rechtliche Grundlage haben oder nicht, war gestern Sonntag weniger wichtig; über die Aktionäre wurde einfach mal bestimmt. Doch Klagen gegen den mit Notrecht agierenden Staat könnten folgen.

So geht die Story des Staats als omnipotenter Retter, Heiler und Kümmerer immer weiter: Es scheint nichts mehr zu geben, was er nicht stemmen kann. Der Bundesrat fällt unternehmerische Entscheide für den Finanzplatz Schweiz und garantiert, im Fall Credit Suisse 9 Milliarden Franken für Ausfallrisiken zu bezahlen. Die Nationalbank gewährt ausserordentliche Liquiditätshilfen von total 200 Milliarden Franken. In den USA gilt die zuvor auf 250 000 US-Dollar beschränkte Einlagenversicherung für Bankkunden plötzlich unbegrenzt. Und die internationalen Zentralbanken bringen sich gerade in Stellung, um im Notfall alles zu kaufen und zu retten.

Die Geschwindigkeit, mit der sich sicher geglaubtes Vermögen auflöst, kommt für viele überraschend. Doch überraschend ist es nicht. Im Internetzeitalter wird Geld in wenigen Sekunden oder Minuten verschoben. Weshalb künftig bei jeder Bank, die Unsicherheit zeigt, sofort ein Bankrun einsetzen kann.

Noch zu wenig beachtet sind die Risiken einer CS-Übernahme für die UBS: Wer eine Bad Bank übernimmt, ist vielleicht bald selbst eine Bad Bank. Die Integration eines kulturfremden Unternehmens kann zu einer grossen Belastung werden. Und für die Schweiz hat sich das Klumpenrisiko «Grossbank» weiter verschärft. Die Kartellwächter der Wettbewerbskommission werden dem Entscheid mit Entsetzen beigewohnt haben.

Alles in allem entwickelt sich das Finanzsystem in Richtung mehr zentrale Kontrolle. Zu erwarten ist eine zunehmende finanzielle Repression von Staat und Zentralbanken, die in Zukunft über digitales Zentralbankgeld (CBDC) ausgeübt werden soll. CBDC sei unausweichlich, behauptete das World Economic Forum (WEF) letzte Woche – schlechte Neuigkeiten für den freien Bürger.

Gegen die rasche Auflösung von Wertbeständen ins Nichts haben sich darum kluge Leute längst versichert, indem sie Bitcoin gekauft haben. Denn Bitcoin erfüllt den Anspruch, den die meisten Leute an Geld haben: Werterhalt auf lange Frist, keine Gefahr der Konfiskation, Überweisungen jederzeit und in beliebiger Höhe möglich. Auch wenn man in den Leitmedien stets das Gegenteilige liest: Nicht das Investment in Bitcoin ist riskant, sondern all sein Geld einer Bank anzuvertrauen.

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Bitcoin Suisse schlägt Credit Suisse

Die vom Säulenheiligen der Schweizer Wirtschaftsliberalen, Alfred Escher, einst unter dem Namen Schweizerische Kreditanstalt (SKA) gegründete Bank Credit Suisse Group (CS) scheint sich in einem raschen Niedergang zu befinden. Milliarden von Kundengeldern werden abgezogen, die Quartalsergebnisse sind verheerend. 2022 halbierte sich der Preis für eine Aktie von 8 auf 4 Franken. Noch 2007 bezahlte man fast 100 Franken dafür – sie ist seither über 90 Prozent eingebrochen. Während die einen fragen, wer diesen angerosteten Tanker kaufen mag – «Sie würde doch nur 13 Milliarden kosten», titelte die NZZ verzweifelt – fragen sich die anderen, ob er bald irgendwo aufläuft, Leck schlägt und auseinanderbricht.

Newbies fliessen dagegen Kundengelder zu, etwa der Bitcoin Suisse aus dem Kanton Zug. Der wie so viele erfolgreiche Schweizer Unternehmen von einem Ausländer gegründete Finanzdienstleister hat seit der Gründung 2013 dreihundert Mitarbeiter eingestellt und wurde 2020 mit 302,5 Millionen Franken bewertet. Mit einem Preisanstieg von Kryptoassets wie Bitcoin dürfte sich das in den nächsten Jahren noch deutlich nach oben bewegen.

Noch ist das Zuger KMU ein Winzling gegenüber dem Platzhirsch am Zürcher Paradeplatz. Die Machtverhältnisse könnten sich aber verändern. Dafür spricht weniger die Agilität des Newbies, sondern vielmehr die völlige Gleichgültigkeit von Grossbanken gegenüber der Geldrevolution, die am 3. Januar 2009 mit dem ersten Block im Bitcoin-Netzwerk eingeläutet wurde. Die CS hat sich bisher kaum für die Verwahrung von Kryptowährungen interessiert und auch keine Geschäftseinheit für Key Storage aufgebaut, was beides valable Geschäftszweige für Schweizer Banken sein könnten (wir wiesen bereits im Juni 2018 darauf hin, ein zweites Dossier zu Bitcoin erschien im Dezember 2020).

Kurzum: Die Geburt einer revolutionären Innovation, welche die Finanzwelt herausfordert und erweitert, geht der Grossbank fast schon so lange am Allerwertesten vorbei, wie der Aktienkurs der CS sinkt. Mich erinnert ihr Vorgehen an die Verleger, die es eine gute Idee fanden, das Internet erstmal für ein paar Jahre zu ignorieren und zu verdammen. Hanspeter Lebrument behauptete noch 2007 im Namen der Schweizer Verleger: «Google hat Angst vor uns».

Wird nun Ulrich Körner, der neu auf der Kommandobrücke des Tankers steht und im Oktober 60 Jahre alt wird, das Ruder herumreissen? Ich würde nicht darauf wetten. Bitcoin Suisse jedenfalls hat keine Angst vor den Schweizer Banken. Und Bitcoin schon gar nicht.

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