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“Peppige Spass-Produktionen mit Celebritys”

Nach dem Generaldirektor Roger de Weck kürte die SRG nun auch den “Superdirektor”. Er heisst Rudolf Matter, ist 56 Jahre alt und hat bisher noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag. Ihm fällt als Direktor über Radio und Fernsehen eine Medienmacht in die Hände, wie sie kaum ein anderer hierzulande hat.

Die Woche vor der Verlautbarung schrieb der Medienkolumnist der “Weltwoche”, Kurt W. Zimmermann, es blieben nur zwei übrig für diesen Job. Einerseits Filippo Leutenegger, “FDP-Nationalrat”, andererseits Ueli Haldimann, “eine eher linke Socke”. Beide wurden es nicht. Nun ja, man kann sich irren.

Interessanter sind aber die Sätze von Zimmermann, warum er für den Kandidaten Haldimann einsteht: “hat Ahnung vom Geschäft und vor allem vom Boulevard”, “fiel mit publizistischen Provokationen positiv auf”, “hatte schon immer ein populistisches Flair”, “nur Populismus bringt die Quoten wieder hoch”, “wir wollen nur ein knalligeres Programm”. Und er behauptete: “Das Publikum erwartet peppige Spass-Produktionen mit Celebritys, Comedy, Spannung und Hoch-das-Bein. In der Information müssen populärere Themen her, mehr harte Recherchen und weniger konkordanter Kuschelfunk.”

Ausser der Forderung nach harten Recherchen ist das alles Quatsch. Ein gebührenfinanziertes Fernsehen muss eben nicht Quote bringen. Es muss das liefern, was das private Fernsehen nicht liefert: Information, Kultur, Programme für Minderheiten, Journalismus. Also jene Nachfrage abdecken, die der Markt nicht selbst zu produzieren imstande ist.

Die Rechnung geht leider nicht auf: Das kleine Verbreitungsgebiet und die gesetzlichen Einschränkungen führen dazu, dass offenbar kein nationaler Privat-TV-Sender gewinnbringend bestehen kann. Also sind die gebührenfinanzierten Programme dazu gezwungen, alles zu liefern, auch das “Hoch-das-Bein”. Gefordert sind die Politiker, die irrsinnigen Hürden abzubauen. Immerhin kann, zum Beispiel mit Ustream.tv, jeder 24 Stunden live senden, wenn er das will. Was Privatfernsehen ziemlich nahe kommt.

Die Deutschschweiz läuft Gefahr, in Medienmonopole zu schlittern. Es gibt nur eine nationale Nachrichtenagentur. Es gibt nur einen nationalen TV-Sender. Es gibt nur ein nationales Radio. Es gibt nur eine Handvoll Zeitungsverlage. Am Schluss gibt es vielleicht nur noch einen Superdirektor für alles. Zum Glück gibt es das Internet.

Dieser Artikel erschien im Pressespiegel von mediaforum.ch, den man hier per E-Mail abonnieren kann.

Alles neu macht der Mai

Im Monat Mai wurde die die Schweizer Medienszene von zwei Personalentscheiden überrascht, die kaum jemand vorhergesehen hat. Zum einen wurde Publizist Roger de Weck in einer Ruck-Zuck-Wahl zum SRG-Generaldirektor gewählt, zum anderen kürte die NZZ-Gruppe den Unternehmer Peter Hogenkamp (Blogwerk) zum Leiter ihrer “Digitalen Medien”. Bejubelt wurden beide Personalien:

De Weck von den etablierten Journalisten, die sich freuen, dass es einer der ihren an die Spitze des nationalen Fernsehens geschafft hat und die zu einem grossen Teil seine linksliberale Haltung teilen.

Hogenkamp von der Online-Szene, die sich freut, dass es einer der ihren an die Spitze der Online-Aktivitäten des international angesehensten Medienhauses geschafft hat und die zu einem grossen Teil sein Internetverständnis teilen.

Ein Journi also ganz oben bei den Öffentlich-rechtlichen, ein Blogger ganz oben bei NZZ Online. Sind das gute Nachrichten für die Publizistik? Natürlich, denkt man sich, denn beide können hervorragend schreiben und reden. Erwartet werden sie allerdings von unbeweglichen Strukturen, eingefahrenen Abläufen, unproduktiven Sitzungen, langwierigen Budgetverhandlungen und unbefriedigenden Kompromissen. Wir werden sehen, welche Impulse sie geben werden können.

Roger Schawinski hat mal gesagt: “Ein SRG-Generaldirektor hat nur zwei wichtige Aufgaben: Gebühren erhöhen und ihm genehme Direktoren für Radio und Fernsehen portieren”. Das sollte auch für einen eher der Sprache als den Zahlen zugeneigten Generaldirektor ein Leichtes sein.

Die Anstellung von Social-Media-Unternehmer Hogenkamp dagegen ist wegweisend. Anders als de Weck wird der 41-jährige nicht in sechs Jahren zwangspensioniert werden. Es ist ungewiss, wie lange es noch gedruckte Zeitungen und Zeitschriften geben wird, manche sprechen von fünf Jahren, andere von zehn. Inhalte dagegen wird es auch ohne Papier geben. Sollte Hogenkamp seinen Job bis dann behalten, könnte er über einen grösseren Teil der NZZ-Gruppe regieren, als das derzeit der Fall ist.

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Elitisten küren Roger de Weck zu ihrem Papst

Eine intransparente Wahl spült Roger de Weck an die Spitze der SRG. Die Klagen über ein politisch links dominiertes Fernsehen und Radio werden jetzt erst recht hochkochen. Zeit für eine Alternative.

Roger de Weck war in den 1990er-Jahren Chefredakteur von „Tages-Anzeiger“ und der „Zeit“, zuvor schrieb er für die (damals noch links ausgerichtete) „Weltwoche“. Seit einigen Jahren zieht er seine Fäden nur noch im Hintergrund, sitzt auf Podien, redet in Fernsehsendungen, schreibt Kolumnen, prangert den Kapitalismus als „Religion“ an. Kurz: Er macht etwa das, was Frank A. Meyer macht, der grosse, alte Löwe unter den Schweizer Salonsozialisten. Nun wird er Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG.

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Roger de Weck (links) mit Medienminister Moritz Leuenberger (Bild: CC Flickr ecumenix)

Nicht Generaldirektor wird der Bürokrat Hans-Peter Rohner. Und auch nicht die fernseherfahrenen Roger Schawinski und Filippo Leutenegger. Schawinski hatte übrigens kein Interesse am Job, denn:

Ein SRG-Generaldirektor hat nur zwei wichtige Aufgaben: Gebühren erhöhen und ihm genehme Direktoren für Radio und Fernsehen portieren.

Generaldirektor wird ein Publizist, ein Journalist. Was tatsächlich erfreulich ist, wenn er denn die Finanzen im Griff hat. Zur Erinnerung: Gesucht wurde eigentlich „in erster Linie eine aussergewöhnlich führungsstarke Persönlichkeit mit breit abgestützter betriebswirtschaftlicher Fachkompetenz; erst in zweiter Priorität stehen Radio-, Fernseh- und Multimediaerfahrung“. Am Rande: Die überraschende Wahl von de Weck hat gezeigt, dass etablierte Journalisten so wenig Ahnung von richtigen Kandidaten haben wie Blogger.

Seit Jahren (seit Jahrzehnten?) gibt es den Vorwurf, das Schweizer Radio und das Schweizer Fernsehen seien eher zu linkskonservativ oder zu linksliberal. Stimmen dagegen, die beklagen, SR und SF seien zu rechtskonservativ oder zu rechtsliberal, sind, extreme Positionen ausgeschlossen, kaum je zu hören (Widerspruch gerne in die Kommentare). Mit Roger de Weck an der Spitze der SRG erhält dieser Vorwurf neue Nahrung. Zurecht, denn de Weck ist nur einer der ungezählten Schweizer Journalisten, die durch ihre rigorose Ablehnung der Opposition den Aufstieg der SVP herbeigeschrieben haben (der Wähleranteil stieg von rund 10 auf rund 29 Prozent), siehe dazu auch den Artikel „Blochermania“ (netzwertig.com, Dezember 2008).

Es ist an der Zeit, dass sich neben der „Weltwoche“ im Printbereich im Audio- und Videobereich eine oder noch besser mehrere Alternativen bilden, jenseits von SVP-TV, Tele Züri oder Alternativradios. Da die Gründung von neuen Radio- und TV-Sendern aber aufgrund der hohen Kosten im kleinen Land und der Überregulierung durch Gesetze kaum oder nicht erfolgsbringend möglich ist, bleibt als Verbreitungsraum das Internet, wo so oder so jedes Medium früher oder später landen wird (nein, sowas wie „Fox News“ stelle ich mir nicht vor).

So teuer ist das nicht. Wer investiert?

Andere Stimmen:

Grosse Überraschung (nzz.ch, Rainer Stadler)
Ein Journalist an der Spitze der SRG (sautter.fm, Alexander Sautter)
SRG: Habemus papam! (medienspiegel.ch, Diskussion)
Wahl des neuen SRG-Chefs spaltet Parteien (sf.tv, inklusive Videos)
Roger de Weck als Deus ex Machina (klartext.ch, Nick Lüthi)
Roger de Weck – weil er Konvergenz und Sparübungen besser verkaufen kann? (wahlkampfblog.ch, Mark Balsiger)
Ultra-Etatist wird neuer Führer des staatlichen Rundfunks (arslibertatis.com, Benjamin Bläsi)
Reaktionen auf die Wahl des neuen Generaldirektors
(persoenlich.com)
Interview mit Roger Schawinski, der mit de Weck befreundet ist (tagesanzeiger.ch, Markus Diem Meier)
Hoffnung und Skepsis nach de Wecks Wahl (klartext.ch, Zusammenstellung von Zitaten)
Griechische Verhältnisse (weltwoche.ch, Kurt W. Zimmermann)
Eine fiktive Antrittsrede in Originalzitaten (weltwoche.ch, Alex Baur)
An- und Einsichten des Roger de Weck (weltwoche.ch, Alex Baur)
Politisch motivierter Überzeugungstäter (weltwoche.ch, Roger Köppel)