Bei der Bäckerin

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was Liebe nicht zustande bringt
das schafft die Dummheit
das ist der Satz bei dem ich bleibe
wie ein Zuhause werde ich damit nicht fertig

Blumfeld, L’état et moi

Die Berliner verzeihen einem alles, was auch nur entfernt damit zu tun hat, ein Wesen zu sein. Nur eines können sie auf den Tod nicht ausstehen: Wenn sich einer nicht entscheiden kann.

Zum Beispiel die Bäckerin, die ungelogen eine Zehntelssekunde nachdem man den Laden betreten hat (alleine, keine wartende Kunden), entnervt um sich schaut und denkt:

O Gott, jetzt hab ich wieder so einen unschlüssigen Schweizer im Laden. Das dauert jetzt sicher Stunden, bis der weiss, was er will. Was ich nicht alles in der Zeit erledigen könnte, in der der jetzt die Brötchen anguckt. Dabei heissen die bei uns sowieso Schrippen und kosten manchmal nur 5 Cent das Stück. Brötchen verstehen wir nicht und wollen wir auch nicht verstehen. Auch bei den süssen Sachen steht da nur immer das Gleiche. Amerikaner, Schweinsohren, Pfannkuchen. Alles in minderer Qualität, aber dafür riesengross. Die Konkurrenz macht auch nie was anderes. Also sollte es doch nicht schwer sein, sich für was zu entscheiden. Aber was macht er? Er guckt immer noch rum von links nach rechts und wieder nach links und macht grosse Augen. Als würde irgendwas dazukommen. Jetzt sagt er auch noch Moment, ich habs gleich, der Langweiler. Ja ja und ich steh mir hier die Beine in den Bauch.

Ich denke derweil:

Menno, ist die aber unfreundlich. Kaum bin ich im Laden, regt sie sich auch schon drüber auf, dass ich nicht auf der Stelle weiss, was ich will. Dabei bin ich doch eben erst gekommen und will mir mal einen Überblick verschaffen, was da alles so rumliegt. Da liegen nämlich viele nicht nur riesige, sondern auch seltsame Gebäcke rum, die ich noch nie gesehen habe. Aber weil die mich hier immer so unter Zeitdruck setzen, kann ich sie mir gar nie ansehen. Ich werd dann auch prompt schwach nach fünf Sekunden und sag irgendwas. Und lauf mit was raus, das ich vielleicht gar nicht haben wollte. Nur weil ich noch so ein unverarbeitetes Kulturkreisgen in mir habe. Das mir weis machen will, diese arme Bäckereifachverkäuferin habe sicher noch viel zu tun heute. Dabei steh ich doch alleine im Laden. Und bin zudem noch der Kunde. Aber was ist schon ein Kunde in Berlin. Eine lästige Unterbrechung des Alltags.

Offenlegung: Teilweise angeregt durch einen Text im aktuellen Tip. Ich glaub, ich schreib jetzt immer Offenlegungen.

4 Gedanken zu „Bei der Bäckerin“

  1. So richtig hier angekommen bist du, wenn du vor betreten des Ladens darüber nachdenkst, ob es sich für dein kleines Anliegen überhaupt lohnt die Tür zu belasten und Schmutz in den Laden zu tragen.

    Dann kaufst du dir ein Auto damit du die Schrippen an der Tanke kaufen kannst. Da ist die Qualität zwar noch schlechter aber du hast alle Zeit der Welt, weil möglichst langsam kassiert wird, damit nicht so viele Kunden an die Säulen fahren können.

  2. Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt ;)

    Was wird da auch so lange überlegt? Auch wenn die Auswahl groß ist nimmt am Schluss doch immer nur das selbe, weil die Kassiererin so nervt ;)

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