Es geschah in einer Woche Ende Juni. Am Montag erschien das „Spiegel Extra Schweiz“. Am Donnerstag wurden das Nachrichtenmagazin „Facts“ und die Wirtschaftszeitung „Cash“ eingestellt. Neben der „WOZ“ ist nun die „Weltwoche“ das einzig verbleibende überregionale Nachrichtenmagazin im Land, das sich Gesellschaft und Politik widmet.
journalist: Wieso sind „Facts“ und „Cash“ von der Bildfläche verschwunden?
Colin Porlezza: Als „Facts“ und „Cash“ auf den Markt kamen, waren sie Erfolgsmodelle, weil sie eine Marktlücke besetzten. Doch inzwischen sind sie für den Schweizer Markt nicht mehr fit. Facts“ konnte mit seinem Anspruch, ein Nachrichtenmagazin wie der „Spiegel“ zu sein, nicht reüssieren. „Cash“ wurde das zurückgegangene Interesse an Wirtschaftspublikationen zum Verhängnis.
In einem Interview in der letzten Ausgabe von „Cash“ sagte „Spiegel“-Chef Stefan Aust: „In den 90er Jahren sind Zeitschriften doch oft nur gegründet worden, um den expandierenden Anzeigenmarkt abzuschöpfen.“
„Cash“ wurde 1989, „Facts“ 1995 gegründet. Ist deren Verschwinden also jetzt, wo die Anzeigenlage dafür nicht mehr so gut aussieht, ein natürlicher Vorgang? Es ist eine logische Folge. Sicher wird auch noch in Zukunft Werbung im Qualitätssegment geschaltet, aber mit den Gratiszeitungen gibt es neue Player, die für den Werbemarkt attraktiv sind. Das Halten einzelner Titel wird immer schwieriger. Der Trend geht zum gemeinsamen Auftritt auf dem Werbemarkt, wie das beispielsweise die „Berner Zeitung“ und der „Bund“ machen.
Wie schätzen Sie den Auftritt des „Spiegels“ ein? Wird sich das Nachrichtenmagazin in der Schweiz etablieren wollen?
Wenn der „Spiegel“ mit einer Schweizer Edition Fuß fassen will, dann wird das von Hamburg aus schwierig, weil die lokalen Kenntnisse fehlen. Das Konzept, wie es in der einmaligen Beilage präsentiert wurde, wird da kaum Erfolg haben. Es hatte keinen Biss und war eher konservativ. Sollte sich der „Spiegel“ in der Schweiz als Nachrichtenmagazin etablieren
wollen, dann muss er als kritische Stimme wahrgenommen werden. Mit der guten Reputation, die der „Spiegel“ bereits hat, könnte das gelingen.
Was bedeutet das Verschwinden von „Facts“ und „Cash“ für die Schweizer Presselandschaft?
Dass auf einen Schlag der Wochenmarkt verloren geht, ist schon ein einmaliger Vorgang. Für die publizistische Vielfalt ist das sicher ein Rückschlag, bietet aber auch Möglichkeiten für neue Projekte. Ich sehe es als einen weiteren Schritt in Richtung Medienkonzentration und Gratissegment. Das Publikum ist immer weniger gewillt, für Inhalte zu bezahlen.
Werden die verbleibenden Player „Weltwoche“ und „WOZ“ den Wochenmarkt unter sich aufteilen, oder wird der freigewordene Raum von den Sonntagszeitungen übernommen werden?
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass bei den Sonntagszeitungen die Hintergrundberichte verstärkt werden. Nachrichtenmagazine und Sonntagszeitungen können aber nicht die gleichen Inhalte liefern. Es wird eher ein größerer Konkurrenzkampf bei den Sonntagszeitungen stattfinden.
Rechnen Sie mit neuen Wochenpublikationen?
Wenn man sich die Geschichte ansieht, dann glaube ich nicht,
dass Schweizer Verlage in diesem Segment ganz neue Publi-
kationen lancieren werden. Ich könnte mir aber vorstellen,
dass in ein paar Monaten oder Jahren ein Schweizer „Spiegel“
die Lücke füllen könnte.
Colin Porlezza arbeitet beim European Journalism Observatory in Lugano und schreibt unter anderem für die NZZ.
Interview: Ronnie Grob
Dieses Interview erschien in der Ausgabe 8/2007 des deutschen Branchenmagazins journalist.
In der Rubrik „Gedruckt“ erscheinen fortan einige auf Papier gedruckte Texte. Immer mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber.
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