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Denn auch der deutsche Spießer ist nicht mehr das, was er einmal war. Er schaut sich gerne japanische Spielfilme in der Originalfassung an, hört Klezmer-Musik, hat die „Zeit“ abonniert, ohne sie unbedingt zu lesen, kennt den Unterschied zwischen Mortadella und Mozzarella und geriert sich beim Essen und Shoppen durchaus multikulturell. Was ihn vollends zum Spießer macht, ist sein Hochmut gegenüber jenen, die er dafür hält: die Ballermann-Urlauber, Sandalenträger und McDonalds-Besucher.

Und so ist es nicht der Proto-Spießer, der „überall sein fürchterliches Gesicht zeigt“, sondern der scheinliberale Bildungsbürger, der für jede Untat so lange Verständnis äußert, wie sie nicht unmittelbar vor seiner Haustür passiert. Vollends auf die „Ausländerfeindlichkeit“ fixiert, will er nicht wahrhaben, dass es inzwischen auch eine „Inländerfeindlichkeit“ gibt und nicht nur „Bürger mit Migrationshintergrund“, sondern auch „Migranten mit kriminellem Hintergrund“. Stellt man ihm die Frage, warum es bei Migranten mit primär asiatischem Hintergrund nicht die gleichen Probleme wie bei Migranten mit arabischem bzw. muslimischem Hintergrund gibt, schreit er gleich „Rassismus“, obwohl es nicht um Rasse, sondern um Kultur und Erziehung geht, die sich im täglichen Verhalten niederschlagen.

Henryk M. Broder, Spiegel Online, Bildungsbürger als Bla-Bla-Blockwarte
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