Wem Kurt Imhof vertraut und wem nicht

Kurt ImhofKurt Imhof, unter anderem Publizistikwissenschaftler an der Uni Zürich, hat bisher knapp zwei Millionen Franken gesammelt für seine Idee eines Medienobservatoriums.

Zu diesem Erfolg kann man ihm nur herzlich gratulieren. Allerdings muss einem angst und bange werden, wie Professor Doktor Imhof Inhalte im Internet ansieht.

Dem Wissenschaftsportal science.orf.at sagte er:

Wenn wir uns informieren wollen, müssen wir vertrauen. Und Vertrauen bezieht sich auf die Marke. Den Informationen eines Blogs oder einer Facebook-Meldung können wir nicht vertrauen. Deshalb werden große Marken nicht aussterben.

Das Gegenteil ist wahr: Bei Inhalten, die in einem persönlichen Blog oder auf einer persönlichen Facebook-Seite publiziert werden, habe ich eine hohe Gewissheit, dass es sich um den unveränderten Output der betreffenden Person handelt. Weder Blogbeiträge noch Facebook-Statusmeldungen werden redigiert oder sonstwie verändert, sie sind das authentische Produkt ihres Erzeugers, einer Person, die wir in der Vergangenheit auf die eine oder andere Weise kennengelernt haben. Als einzige Ausnahme kann ich mir vorstellen, dass sich jemand der Passwörter bemächtigt und das Blog oder das Facebook-Konto kapert. Das Äquivalent wäre der nicht alltägliche Fall einer Besetzung der Redaktion der betreffenden Marke.

Natürlich kann man Marken vertrauen, daran ist auch nichts falsch. Von einer Person kommende Informationen im Internet haben aber eine höhere Authentizität als Beiträge in der Zeitung, im Radio oder im Fernsehen, die zwar den Namen des Autors tragen, bei denen der Medienkonsument aber meist nicht nachvollziehen kann, wie viele andere Leute ebenfalls daran beteiligt waren.

„Deshalb werden große Marken nicht aussterben“? Dazu ist zu bemerken, dass die meisten nicht öffentlich-rechtlich finanzierten alten Medien gerade dabei sind, das in ihre Marke aufgebaute Vertrauen zu zerstören. Der „Tages-Anzeiger“ zerstört seinen Ruf als solide Volkszeitung durch das angehängte Boulevardportal „Newsnetz“. Die „NZZ“ zerstört ihren Ruf der besten Auslandsberichterstattung im deutschsprachigen Raum durch Sparmassnahmen. Der Ringier-Verlag zerstört seine publizistischen Produkte durch eine immer schwammiger werdende Abgrenzung zu Produkten und PR.

Vielleicht haben Sie das alles gar nicht genau so gesagt, Herr Imhof, sondern es wurde nur von der Journalistin des ORF so aufgeschrieben. Aber wie könnte ich das wissen? Kenne ich die Arbeitsmethoden der Wissenschaftsredaktion des ORF?

Es gäbe eine Möglichkeit, um sicher zu sein, dass sie das genau so sagen wollten: wenn sie die zitierten Sätze eigenhändig auf ihrer eigenen Website gebloggt hätten.