Archiv der Kategorie: Grob gesagt

Schussfahrt mit Schmerzen

Für einen Liter Benzin zahlen die Schweizer derzeit deutlich über 2 Franken, teilweise sogar 2,20. Als vielleicht letzte auf der Welt bekommen nun auch sie die Teuerung zu spüren. Die Schweizer Konsumentenpreise waren im Februar um 0,7 Prozent höher als im Januar, und 2,2 Prozent höher als im Februar 2021. Auslöser der hohen Benzinpreise ist der Krieg in der Ukraine. Im Wesentlichen verantwortlich für die Inflation sind aber die grossen westlichen Zentralbanken. Statt die Finanzkrise ab 2007/2008 zuzulassen und so eine Umwandlung und Gesundung zu ermöglichen, wird sie bis heute mit allen denkbaren Massnahmen verzögert.

Man kann das Vorgehen der Zentralbanken mit einem Sportler vergleichen, der 2008 stürzte und seither Knieprobleme hat, die immer heftiger werden. Doch er lässt keine Operation zu und denkt nicht ans Aufhören. Stattdessen stabilisiert er sein Knie mit weiteren Bandagen, nimmt stärkere Schmerzmittel, und fährt mit noch mehr Risiko den Hang herunter. Die von der Federal Reserve in Umlauf gebrachte gesamte Geldmenge betrug 2008 noch unter 1000 Milliarden US-Dollar, 2022 sind es über 6000 Milliarden (Monetary Base). 2008 hatte die USA Schulden in der Höhe von 10’000 Milliarden US-Dollar, 2021 waren es über 30’000 Milliarden.

Vor zwei Jahren verhängten Regierungen weltweit Lockdowns, um die Ausbreitung eines Coronavirus namens SARS-CoV-2 zu bekämpfen. Dadurch wurde die Nachfrage stark gebremst, und auch die US-Inflationsrate fiel in den Keller, bis auf 0,1 Prozent im Mai 2020. Seit 2021 steigt sie aber fast unaufhörlich an und erreichte im Februar 7,9 Prozent, den höchsten Stand seit 1982. Ein Ende ist nicht abzusehen, denn jetzt, im März, ziehen die Energiepreise stark an. Sie werden die Produkte und die Lebenshaltungskosten weltweit verteuern.

Diesen Frühling werden wohl nahezu alle Staaten ihre Corona-Massnahmen aufheben. Das wird zu einer hohen Nachfrage nach ungefähr allem führen – natürlich auch, weil es riesigen Nachholbedarf gibt. Ein Blick in die Buchungsplattformen zeigt, dass gute Schweizer Hotels derzeit so stark ausgebucht sind, dass sie problemlos höhere Preise durchsetzen können. Oder sie leiden derart unter Fachkräftemangel, dass sie das müssen. So oder so: die Preise werden munter weiter steigen.

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Putin ist von gestern

Hat Wladimir Putin noch alle Latten am Zaun, dass er die russische Armee nach Westen befehligt und einen Angriffskrieg mit den Instrumenten des Kalten Krieges durchzieht? Vielleicht ist er einfach nur aus der Zeit gefallen: ein Geheimdienstagent der Sowjetunion, der nach seiner Rückkehr nach Russland als Taxifahrer arbeitet, um über die Runden zu kommen, später zum Präsident wird, und sich nach und nach zu einem Alleinherrscher macht. Jetzt, mit bald 70 Jahren, sieht er sich bedroht vom Machtkampf im Kreml und von der nach Osten erweiterten NATO.

Sein grösster Feind ist die neue Zeit. Mit der Globalisierung und dem Internet ist die Welt stark zusammengewachsen und zu einem grossen, internationalen Netzwerk geworden. Junge Russen stellen sich ihre Informationen und Waren aus vielen Quellen zusammen und sind von der TV-Propaganda des Staatsfernsehens nur noch am Rande beeinflusst. Die Reaktionen auf den Angriff haben auch in Russland vielstimmig und eindeutig aufgezeigt, dass kriegslustige Herrscher wie Putin, die sich im Bunker verschanzen und die Jugend an die Front schicken, von gestern sind. Heute ist es für viele eine einfach nur absurde Idee, mit Panzern und Gewehren ein Nachbarvolk zu überfallen und so Leid und Tod zu verursachen.

Die ergriffenen Sanktionen gegen die «grundlose und ungerechtfertigte militärische Aggression gegen die Ukraine», wie es die EU ausdrückt, sind von einem nie zuvor gesehenem Ausmass. Ich meine, sie werden erfolgreich sein; gut möglich, dass der Krieg im April bereits wieder endet. Können die Sanktionen jedoch tatsächlich einen Krieg stoppen, wird man sehr vorsichtig sein müssen. Sie werden nämlich Lust auf mehr machen.

Ein Angriffskrieg kann weitreichende Sanktionen rechtfertigen. Was aber, wenn ein souveräner Staat bei einem anderen Thema ausschert – die Klimaziele nicht mitträgt, den Migrationspakt nicht akzeptiert, keine Mindeststeuer erhebt? Wird er dann auch vom Bankensystem abgetrennt? Die «internationale Gemeinschaft» – wer auch immer das sein soll – könnte gestärkt und mit mehr Machtfülle aus diesem Krieg hervorgehen. Sie ist eine Bedrohnung für den souveränen Nationalstaat, ja, auch für den demokratisch-freiheitlich legitimierten.

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Linke Sicherheitspolitik ist grotesk

Heute hat der Bundesrat die EU-Sanktionspakete vom 23. und 25. Februar gegen Russland vollumfänglich übernommen. Die Vermögen der gelisteten Personen und Unternehmen sind per sofort gesperrt; auch die Finanzsanktionen gegen Präsident Putin, Premierminister Mishustin und Aussenminister Lavrov werden mit sofortiger Wirkung vollzogen. Gemäss Art. 185 respektive Art. 173 der Bundesverassung haben Bundesrat und Parlament den Auftrag, Massnahmen zu treffen, um die Neutralität zu wahren. Hat der Bundesrat mit seinem Entscheid mit der Neutralität gebrochen? Darüber kann nun debattiert werden.

Diskussionsstoff liefert auch die verquere, widersprüchliche, groteske Sicherheitspolitik der Grünlinken. Bis vor einer Woche wollten breite Teile die Armee vollständig abschaffen und haben im Parlament alles dafür gemacht, sie zu schwächen. Sie torpedieren damit das Konzept der bewaffneten Neutralität, die sie am liebsten auch gleich entsorgen würden. Bricht aber tatsächlich ein Krieg unweit der eigenen Haustür aus, ist alles anders. Abrüstung ist plötzlich «kein Thema mehr»: «Wir haben uns getäuscht», gibt SP-Nationalrätin Franziska Roth offen zu.

Den Begriff der Neutralität versuchen die Sozialdemokraten zur Unkenntlichkeit neu zu definieren. «Neutralität heisst, sich bedingungslos für Frieden, Menschen- und Völkerrecht einzusetzen», verlautbarte die SP Schweiz bereits an Tag 1 des Angriffs. Bedingungslos? Bedingungslos würde heissen, dass eine Generalmobilmachung der Schweizer Soldaten inklusive Reservisten erfolgt, die unverzüglich nach Osten eilen, um die angegriffene Ukraine zu unterstützen. Dass die Sozialdemokraten sowas keinesfalls befürworten würden, zeigt, dass ihre Solidarität vor allem aus warmen Worten besteht.

Der sozialdemokratische deutsche Kanzler Olaf Scholz hat am Wochenende angekündigt, die kaputtgesparte Bundeswehr mit einer Finanzspritze von 100 Milliarden (!) Euro wiederzubeleben – und twitterte dazu: «Wir werden uns nie abfinden mit Gewalt als Mittel der Politik.» Wird die deutsche Verteidigung also gewaltlos erfolgen? Geht es nach Genossin Ronja Jansen, muss das so sein: «Niemand darf gezwungen werden ein Land mit Waffen zu verteidigen». Was will ich sagen? «Gouverner, c’est prévoir» bedeutet halt auch, sich auf schreckliche Szenarien vorzubereiten.

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Mit Notrecht gegen Trucker

Für kanadische LKW-Fahrer gilt eine Art Impfpflicht. Sind sie nicht gegen das Coronavirus geimpft, müssen sie bei jedem Grenzübertritt zwei Wochen in die Quarantäne. Dagegen protestierten sie dauerhupend seit Ende Januar in der Hauptstadt Ottawa. Gestern Sonntag wurde der Protest von der Polizei aufgelöst. Dass die Staatsmacht auf lange Frist nicht zuschauen kann bei einem Protest, der die Innenstadt lahmlegt, versteht sich. Auch Bürger, Gewerbe und Steuerzahler haben kein Interesse an solchen im Kern destruktiven Aktionen.

Verstörend ist jedoch die Art des Vorgehens dagegen. Erstmals seit Inkrafttreten 1988 bemühte die Regierung den Emergencies Act, und verhängte darüberhinaus eine Emergency Economic Measures Order, die es in sich hat. Banken wurden angewiesen, unverzüglich alle Konten einzufrieren, die im Verdacht stehen, von Personen genutzt zu werden, die sich am Protest beteiligen; sie sollen auch fortlaufend überprüfen, ob solche Personen ihre Dienste nutzen. Crowdfunding-Plattformen und ihre Zahlungsabwickler wurden gezwungen, Transaktionen, die die Proteste unterstützen, zu melden.

«This is about following the money», sagte Chrystia Freeland, die Stellvertreterin von Premierminister Justin Trudeau. Es gehe darum, die Finanzierung dieser illegalen Blockaden zu stoppen. Der Polizeichef von Ottawa stellte in Aussicht, dass die Regierung all jenen, die sich am Protest beteiligen, in den nächsten Monaten nachgehen werde. Dabei würden auch Aufnahmen von Überwachungskameras verwendet.

Was hier umgesetzt wird, tangiert die Kernwerte einer freien Demokratie. Wer wird sich noch Protesten gegen die Regierung anschliessen, wenn er am nächsten Tag keinen Zugriff mehr hat auf sein Bankkonto oder Monate später mit Überwachungsbildern konfrontiert wird, die ihn des Protests überführen? Es sind Massnahmen, die kritische Bürger einschüchtern. Die Reaktion wird sein, dass Protestteilnehmer bald wie der schwarze Block vermummt auftreten werden. Und es wird sie neugierig machen auf Geld abseits des bestehenden Finanzsystems. Auf Bankaccountfrozen.com gibt’s bereits eine kleine Anleitung, was zu tun ist.

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Fake News mit Tell

Die Schweizer Stimmbürger haben das Medien-Subventionspaket mit 54,6 Prozent abgelehnt – richtig so. Die Ja-Kampagne des Verbands Schweizer Medien – Journalist Reza Rafi nannte sie «die schlechteste Kampagne aller Zeiten» – ist mit einer Figur in den Wahlkampf gestiegen, die an Wilhelm Tell erinnert. Mit einer Zeitung wedelnd brachte er in einem der Sujets Mauern zum Einsturz, die Fake News symbolisieren sollen. Nix verstanden dabei? Keine Sorge, andere auch nicht.

Die von Friedrich Schiller in ein Freiheitsepos gesetzte mythische Figur Tell kannte weder Zeitungen noch Subventionen, und sie war auch nicht bekannt dafür, Mauern mit einer Handbewegung zum Einsturz zu bringen. Dass Tell für staatliche Zahlungen an Grosskonzerne stehen soll, die mit dem Medienwandel Mühe bekunden, werden viele intuitiv als Fake News wahrgenommen haben.

Eine Kampagne verschiedener linker Journalistenverbände, die «Ohne Medien keine Demokratie» androhten und den staatlichen Geldregen aus der Giesskanne an alle als ein «Ja zur Medienvielfalt» verkaufen wollte, zog nicht. Ebensowenig, dass Christoph Blocher, dessen Gratiszeitungen nicht vom Gesetz profitiert hätten, die Schweiz ohne dieses Gesetz in ein Einheitsmedienland verwandeln würde. Selbst die zum ultimativen Feindbild emporstilisierten Trychler konnten nicht abschrecken.

Für die deutsche TAZ ist das Verdikt der Schweizer Stimmbürger «Ein Nein zur Aufklärung». Für mich ist es eine Bekräftigung, dass vom Staat nicht korrumpierte Medien, die ihn frei kritisieren, gesucht und gewollt werden, ja dringend gebraucht werden.

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