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Stil als Haltung, Lebensführung und -weise

Was ist bloss aus dem „Magazin“ geworden, fragte ich mich im Juni 2009 und kürzlich wieder, als zu lesen war, dass Chefredaktor Finn Canonica es nicht ertragen konnte, Teil einer humoristischen Bildergalerie des hauseigenen Webportals tagesanzeiger.ch zu sein, in der er einen Geri-Weibel-Faktor von 8,5 zugesprochen bekam (siehe dazu „Finnde den Fehler“ auf klatschheftli.ch. Geri Weibel ist eine fiktive Figur des Schriftstellers Martin Suter, die sich grosse Mühe gibt, jedem aktuellen Lifestyle-Trend nachzuspüren.)

Die über das Newsnetz verbreitete Story „Die echten Geri Weibels“ ist inzwischen überhaupt nicht mehr zu lesen. Wie aus der Redaktion zu hören ist, erfolgte die Entfernung des Artikels wenige Stunden nach der Publikation auf Anweisung des Verwaltungsratspräsidents der Tamedia AG, Pietro Supino, der so auf die Verärgerung von Canonica reagierte.

Und diese Woche wunderte ich mich einmal mehr, als ich das in einer kürzlich verschickten Medienmitteilung las:

Das Magazin begreift Stil nicht ausschliesslich als Mode und Luxus, sondern als Zeichen einer authentischen Lebensführung. Unter der Leitung von Chefredaktor Finn Canonica setzt sich die Magazin-Redaktion mit Stil als persönliche Haltung oder Lebensweise auseinander.

Schauen wir dazu einige Sekunden auf diese Leinwand und denken darüber nach:

Leinwand

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Newsnetz schaut in den Spiegel

Das hinter diversen Tamedia-Zeitungen stehende Newsportal „Newsnetz“ hat sich bisher weder durch Faktentreue, noch durch vielfältige Inhalte einen Namen gemacht. Sondern durch Aufbauschung von Banalitäten, durch Quotengeilheit, durch die mitunter Urheberrechte verletzende Übernahme von Flickr-Fotos und YouTube-Videos, durch Abschreiben aus Blogs und aus der Wikipedia.

Um so erstaunlicher ist darum, wie die Leserfrage “Warum zählt heute Quote mehr als Qualität?” einer „K.H.“ auf tagesanzeiger.ch beantwortet wird. Ein ungenannter Autor findet den Grund in der Tatsache, „dass Medien (und die mit ihnen verbandelten Akteure wie Politiker, Interessenverteter, Experten) möglichst viel Aufmerksamkeit möglichst günstig produzieren müssen“:

Am allergünstigsten geht das so: Man behauptet irgendeinen knalligen Haberkäse oder berichtet von einem, der irgendeinen als «Tabubruch» aufgemotzten Schwachsinn verkündet, wartet auf die aufgeregten Reaktionen, welche man nunmehr ausführlich zitiert und kommentiert und als Beweis dafür ausgibt, ein schwelendes Unbehagen in der Bevölkerung endlich zum Thema gemacht zu haben. Dazu gibt es eine Onlineabstimmung oder ein schnell am Telefon zusammengeschustertes Experteninterview. (…)

Aus der Not, leere Seiten und Sendeminuten billig füllen zu müssen, wird so die Tugend des gesellschaftspolitischen Hyperventilierens. Doch ob aus dieser leider nicht mehr ganz seltenenen Form der Aufmerksamkeitsbewirtschaftung ein auf die Dauer brauchbares (neudeutsch: nachhaltiges) Geschäftsmodell werden kann, bezweifle ich. (…)

Ich zweifle auch daran, dass dieses Geschäftsmodell nachhaltig ist. Aber es existiert. Die Ausführungen des anonymen Autors beschreiben exakt das, was Newsnetz tut.

Wer das volle Ausmass der Selbstverleugnung erfassen möchte, sollte die ganze Antwort lesen:

„Warum zählt heute Quote mehr als Qualität?“ (tagesanzeiger.ch)

Nachtrag, 13 Uhr: Eine Anfrage auf swissdox.ch ergibt, dass der Artikel erstmalig im „Tages-Anzeiger“ vom 23. Juni 2010 erschienen ist. Autor ist Peter Schneider. Danke an Matthias.