Oberzocker Staat

Die aktuellen Diskussionen zur schwelenden Krise von Banken, Staaten, Firmen enthüllen bei vielen ein überraschendes Wirtschaftsverständnis. Da sprechen sich eigentlich ganz vernünftig wirkende Personen gegen die Macht der Märkte aus. Und fordern, dass der Handel bitte schön brav in irgendwelchen, von ihnen imaginierten Schranken bleibt.

Was für ein Unsinn! Märkte entstehen, sobald zwei oder mehr Marktteilnehmer miteinander handeln. Märkte kann man nicht oder nur sehr bedingt kontrollieren, da sie eine Auswirkung des Verhaltens unzähliger, einzelner Marktteilnehmer sind.

Bundesarchiv B 145 Bild-F078969-0022, Frankfurt-Main, Börse
Bild: Börse in Frankfurt am Main, Juni 1988

Kann man denn wenigstens die Marktteilnehmer kontrollieren? Das klappt noch viel schlechter, denn ein jeder beteiligt sich täglich an den Märkten. Dazu muss er nicht mal mit Aktien oder Hedgefonds handeln, schon der Kauf eines Käsebrots löst komplizierte Bewegungen aus auf dem Brot-, dem Käse-, dem Butter-, und auch auf dem Korn- und dem Milchmarkt aus, wenn auch in sehr homöopathischen Dosen. Im gleichen Umfang erschüttert der Kauf einer Zigarettenschachtel alle beteiligten Industrien, vom Tabakpflanzer, dem Papier- und Filterhersteller über den Importeur, Verpacker, Händler und Kioskmann bis zum Staat, der mit dem Verkauf seine Einnahmen erhöht, ohne konkret am Produkt mitzuwirken.

Ob wir wollen oder nicht, wir sind alle Märkte bestimmende Marktteilnehmer. Das gilt, und es ist mir ein Rätsel, warum das so viele nicht verstehen, auch für den Staat.

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