Schlagwort-Archive: Norbert Neininger

Mehr Bürokratie, weniger Pressefreiheit: das Leistungsschutzrecht

Gerne werfen Exponenten von Zeitungsverlagen Google oder den Blogs vor, sie seien parasitär.

Parasitär? Journalisten sind selbst parasitär. Journalismus beschreibt, leitet weiter, analysiert, ordnet ein. Ohne die real existierende Welt gäbe es ihn nicht, er ist selbst kein originäres Produkt. Oder könnte es einen Wirtschaftsteil geben ohne Wirtschaft? Eine Sportsendung ohne Sportereignisse? Könnte dieser Text existieren ohne die vorgängige Diskussion? Nein.

Norbert Neininger liess kürzlich einen von der NZZ bereitgestellten Versuchsballon steigen und forderte ein Leistungsschutzrecht nach deutschem Ideenvorbild. Denkt man es durch, so müsste man alle publizistischen Leistungen daran beteiligen. Also auch das Blog von Moritz Leuenberger, die Pressemitteilungen der UBS, vielleicht sogar den Twitter-Stream von Fulvio Pelli. Den nicht nachvollziehbaren Vorstellungen der Presseverleger gemäss soll so ein Gesetz natürlich ausschliesslich für Inhalte von Presseverlegern gelten. Weshalb? Weil angeblich nur sie in der Lage sind, die für eine funktionierende Demokratie so wichtige kritische Öffentlichkeit herzustellen.

Machen wir doch mal ein Bespiel, wie das ablaufen könnte in Zukunft:

Journalist A fragt Manager B, ob er ein Statement liefern könne zu Ereignis X. B sagt bereitwillig zu, allerdings nur unter der Bedingung, dass das von ihm bereitgestellte “Snippet” dem Leistungsschutzrecht gemäss entschädigt wird. Immerhin handelt es sich um seine intellektuelle Leistung, die genutzt werden soll, um den Profit der Verleger zu vergrössern. Eine Antwort in einer Strassenumfrage? Ein Statement für einen Artikel? Ein Interview? Sorry, nur gegen Entschädigung.

Haben Sie es gemerkt? Ein Leistungsschutzrecht wäre eine Bürokratisierung von gigantischem Ausmass, eine Einschränkung der Pressefreiheit und nichts mehr als eine Abwälzung eines nicht mehr funktionierenden Geschäftsmodells auf die Allgemeinheit. Jedes Interview, jedes Zitat müsste bei einem geltenden Leistungsschutzrecht finanziell entschädigt werden. Und weil kaum jemand zu zahlen bereit wäre, führte es direkt in eine unfreie Gesellschaft, in der das direkte Wort vermieden wird.

Die Presseverleger wollen damit ihre Einnahmen gesetzlich verankern – auf Kosten der Allgemeinheit. Es erstaunt, dass ein derart dreistes Betteln um Subventionen so unbedarft vorgebracht wird – und so wenig Gegenreaktionen hervorruft. Man könnte es als Versuch werten, selbst Steuern einzutreiben. So etwas erlaubt sich keine andere Branche.

Dieser Artikel erschien im Pressespiegel von mediaforum.ch, den man hier per E-Mail abonnieren kann.

Ein Ja zu Experimenten

Es gibt einen, der bloggt und twittert, der die Idee einer regelmässigen Web-TV-Sendung mit dem traditionellen Fernsehen kreuzte und der dazu seit bald zehn Jahren Präsidiumsmitglied beim Verband Schweizer Presse ist. Trotz seiner rund 60 Jahre nimmt er als einer der wenigen der Schweizer Printbranche das Internet in die Hand und probiert aus, was geht und was nicht. Norbert Neininger sein Name, Chef der «Schaffhauser Nachrichten», Ideengeber für «Tele Blocher». Man könnte ihn für einen wahren Netzbürger halten, wenn er nicht mitunter Absurdes gut finden würde wie das Vorgehen der japanischen Zeitung «Nikkei», die sich wünscht, man solle sich vor dem Verlinken ihrer Online-Inhalte eine Erlaubnis einholen.

Erstaunlich ist, dass er inzwischen genau das macht, was er bei «Google News» noch 2008 mit den Worten «Die Copyright-Rechtslage ist klar: Was Google macht, ist illegal. Da gibt es gar keine Diskussion.» anprangerte. Denn sein Blog «Neiningers Tagebuch» besteht fast ausschliesslich aus nahezu unkommentierten Fotos von Inhalten aktueller Sonntagszeitungen. Und auch die News1 AG, als Generalangriff auf «Google News» gestartet, betreibt nun wie Google ein Portal, das ohne Journalisten produziert wird. Die beiden Mitarbeiter wurden kürzlich entlassen, das Portal auf Aggregation umgeschaltet.

Doch Neininger versucht etwas. Während andere aus der Printbranche tatenlos ihrem nahenden Untergang zusehen, sich darüber beklagen und Geld fordern für ein Geschäftsmodell, das seine Zeit überlebt hat. Tom Rosenstiel vom Project for Excellence in Journalism riet den Zeitungsverlegern kürzlich: «Machen sie Experimente, und trauen Sie sich, auch mal zu scheitern! Versuchen Sie nicht eine Sache, versuchen Sie zehn. Denn sieben werden sicherlich danebengehen.» Jenen, die das nicht tun, prophezeite er, dass sie mit den Neuheiten, die dieses Feld erobern, nicht mehr Schritt halten werden können.

Wer etwas, zum Beispiel das Internet, verstehen will, muss sich damit befassen, eigenhändig, nicht outgesourct. Aber Vorsicht: Bei diesem Prozess könnte es zu Meinungsänderungen kommen.

Dieser Artikel erschien im Pressespiegel von mediaforum.ch, den man hier per E-Mail abonnieren kann.

Schweizer Presse in der Schweizer Presse

„Die einzige Chance der Schweizer Presse auf Erneuerung wäre hier im Saal eine Bombe. Wenn wir alle zusammen weg wären, dann ginge wirklich eine Welle von Innovation durch die Schweizer Medienhäuser.“

Constantin Seibt zitiert anlässlich des Jahreskongresses des Verbandes Schweizer Presse im „Bund“ einen „jüngeren Verlagsmanager“.

„Das tat richtig weh im Kopf.“

Der Kleinreport hält die Aussage von Verleger Michael Ringier, das Internet sei ein rechtsfreier Raum, zurecht für „völligen Quatsch“.

„Selbst tragen die Kurtisanen die Kostüme der Professionalität, der Objektivität, der Neutralität. Oder sie geben vor, diese zu tragen. In Wahrheit gehen sie ebenso nackt wie der Kaiser.“

Verteidigungsminister Ueli Maurer in einer Rede am Jahreskongress des Verbandes Schweizer Presse über die Schweizer Presse.

„Ich bin jetzt bald neun Monate im Amt und wurde noch nie wirklich kritisiert.“

Nochals Maurer, in einem darauf folgenden Interview im „Sonntag“.

„In unserer Branche aber reden die Leute über Twitter, Facebook und die Blogs, ohne zu wissen, was ein Retweet, eine Facebook-Gruppe oder ein Blog-Feed ist.“

Norbert Neininger macht’s vor und freundet sich offensiv mit dem Internet an. Wer kommt nach? Kommt jemand nach?

Soweit einige Zitate der letzten Tage, die ich einfach mal so aufschreiben wollte.

Als Tipp: Erneuerung kommt nicht einfach so. Man muss was ändern.

Frank A. Meyer verharmlost Rechtsradikale und Sekten

Frank A. Meyer, “ein Journalist, mittlerweile pensioniert, der in Berlin lebt” (Zitat Christian Unger), antwortet Marc Walder in einem Interview im Magazin des Sonntagsblicks vom 26. Juli 2009 auf eine Frage zu einem Titel der Zeitschrift Weltwoche:

Sie zitieren allen Ernstes ein rechtsradikales Sektenblatt?

Man kann ja zur Weltwoche stehen, wie man will, aber wer eine Zeitschrift, die weder mit Rechtsradikalen noch mit Sekten etwas am Hut hat, so bezeichnet, der muss sich vorwerfen lassen, damit die wahren Probleme, die Rechtsradikale und Sekten darstellen, zu verharmlosen.

Sollte die zitierte Passage nicht inhaltsleer und diffamierend sein, so würde mich interessieren, wie Frank A. Meyer seine Haltung begründet. Bleibt sie unbegründet, kann man Meyer wohl getrost einen Schaumschläger nennen. Und sich dann fragen, warum er eigentlich wöchentlich zu Wort kommt.

(via Norbert Neininger, der ein Foto von den ausgedruckten Buchstaben gemacht hat)