Bins-Wagner

Das „Magazin“ verfügt mit Daniel Binswanger über einen wöchentlichen Kolumnisten, der in Berlin und Paris Philosophie und Literaturwissenschaften studiert hat, als Moderator „Salongespräche“ führt und stets wohlausgewählt eingekleidet ist (1/2/3/4).

Eine nicht repräsentative Umfrage ergab, dass die meisten Leser des „Star-Kolumnisten“ (Zitat Claude Longchamp) glauben, dass es sich bei seinen Reflexionen um „wichtige Gedanken“ handle. Gleichzeitig gaben sie aber an, jeweils irgendwann nach dem ersten Drittel, sicher aber vor der Hälfte des Texts umzublättern, bzw. wegzuklicken. Über die Gründe herrscht eisiges Schweigen. Es ist zu vermuten, dass viele fürchten, den Gedanken Binswangers nicht folgen zu können, da sie a) zu wenig belesen, b) zu wenig gebildet, c) zu blöd oder d) zu wenig intellektuell sind.

Gesichert ist nur, dass Binswanger Wörter einsetzt, die nicht immer alltäglich sind und irgendwie etwas ausstrahlen.

Am 16.10.2009 verwendete Binswanger in den sieben Absätzen seiner Kolumne unter anderem folgende Wörter (in der Reihenfolge ihres Auftretens):

Mittelstandsprojekt
Doyen
Althistoriker
Polis-Bildung
Despotie
Zivilisationstechnik
Ferment
unbotmässig
Stadtrepublik
Institution
Königtum
Erbdynastie
stabil
institutionalisiert
Aristokratie
attisch
Adelsgeschlecht
unstet
Gemeinwesen
Adelsfehde
Chaos
Stabilitätsdefizit
Garantie
Kontinuität
Prozess
Exzess
temperieren
Stabilitätsbedürfnis
Demokratieentwicklung
Bedeutungsverschiebung
athenisch
Gesetzesreform
Patrizier
soziologisch
definieren
Mentalitätswandel
Demokratisierung
Kolonisierung
Adelsfamilie
Pauperisierung
mediterran
Frühglobalisierung
politisch
Tyrann
zunutze
Garant
Stabilität
Prozess
Strategie
sozial
Fliehkräfte
Debatte
Gegenbegriff
Eingriff
Kollektiv
individuell
Lebensgestaltung
Antike
Anteilnahme
kollektiv
Entscheidungsprozess
attisch
Demokratie
Bürgerrecht
Grundvorstellung
Rationalität
Gerechtigkeit
Ungleichheit
Mittelschicht

Die Kolumne schliesst mit folgendem Fazit:

Wo die Ungleichheit die Mittelschichten zu sehr zurückdrängt, da ist es mit demokratischer Freiheit nicht mehr weit her.

Ein Satz, über den es sich nachzudenken lohnt.

Über Binswanger schrieben kürzlich auch Manfred Messmer („Und gib uns unseren samstäglichen Binswanger“) und ordnungspolitik.ch („Binswanger langweilt“).

5 Gedanken zu „Bins-Wagner“

  1. e) Weil die Artikel seit langer langer Zeit nach dem selben Strickmuster geschrieben sind und der Rest eines Artikels problemlos erraten werden kann.

  2. Es scheint sich ja langsam etabliert zu haben, das Binswanger-Bashing: Ein Schelm wer denkt, dass ein Kolumnist, der solche Reaktionen erzeugt, zumindest etwas richtig macht.
    Was ich aber nicht verstehe, ist dieser Blogeintrag: Was ist denn mit den Wörtern von Binswanger? Und mit dieser Liste? Was heißt das:

    Gesichert ist nur, dass Binswanger Wörter einsetzt, die nicht immer alltäglich sind und irgendwie etwas ausstrahlen.

    Sollte ein Journalist das tun? Oder nicht? Und warum?

  3. Hm, abgesehen von „Polis-Bildung“ (wo entweder fälschlicherweise ein Bindestrich gesetzt ist -> Polisbildung oder Binswanger tatsächlich die Bildung in der Polis meint und nicht die Bildung einer Polis) finde ich als durchschnittlich akademisch verbildeter Zeitgenosse in dieser Liste keine „nicht immer alltägliche“ Wörter. Und wenn es wirklich schon so weit ist, dass „Bürgerrecht“, „Demokratie“, „Gerechtigkeit“ oder „Institution“ kein Teil des Alltagswortschatzes mehr sind, dann gute Nacht Schulsystem!

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