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Schaumschlägereien

Ein «Komitee für rassistische Süssigkeiten» prangert die Firma Dubler in Waltenschwil an, Süssspeisen als «Mohrenköpfe» zu verkaufen:

«Warum besteht die Firma Dubler darauf, das einzige Produkt, das sie herstellt mit einem rassistischen Namen zu versehen? (…) Zusammengefasst lässt sich festhalten: Es gibt KEINEN Grund, ein Stück Patisserie mit einem rassistischen Namen zu bezeichnen. Deshalb rufen wir die Firma Dubler und alle Bäckereien, sowie alle Verkaufsstellen der Dubler-Produkte dazu auf, ihre süssen Stückchen umzubennen in etwas nicht-rassistisches.»

Gender-Forscherin Franziska Schutzbach (Uni Basel), die ich in meinem NZZ-Text zum Thema zitiert habe und die die Petition unterstützt, besteht darauf, das Komitee habe «kein Verbot» gefordert. Soweit ist das korrekt: Ein Verbot wird keines gefordert durch das Komitee. Es appelliert lediglich, den Namen des verkauften Produkts zu ändern.

Aber was ist das für ein «Appell»? Die Firma Dubler wird als Firma hingestellt, die rassistische Süssigkeiten, also rassistische Produkte produziert. Da sich Süssigkeiten nicht selbst produzieren und verkaufen und Schaum und Zucker selbst im Team nicht die geistig-moralische Höhe aufbringen, von sich aus rassistisch sein zu können, fällt der Vorwurf des Rassismus auf deren Hersteller zurück. Es wird nahegelegt, dass die Produzenten und Verkäufer dieser Süssigkeiten rassistische Absichten oder Gedanken hegen. Und was sind das für Menschen, die rassistische Süssigkeiten kaufen? Niederträchtige Monster?

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Die alten Männer in den Printverlagen

Hansi Voigt leitet seit 2007 20 Minuten Online, ein Portal, das jung und frisch daherkommt und vergleichweise viele Grenzen des Online-Journalismus auslotet, leider auch, was die Trennung zwischen redaktionellen und werblichen Inhalten angeht.

In der neuen Ausgabe des „Schweizer Journalist“ sagt Voigt zu den Einkünften seines Portals:

Zum Umsatz darf ich leider keine Aussage machen. Wir schreiben aber online seit Jahren schwarze Zahlen und sie sind noch nie so schwarz wie 2009 gewesen. Viele wollen das offenbar einfach nicht glauben. Das scheint ein Konsens der alten Männer zu sein, die vielfach noch Verlage leiten. Vor drei Jahren hat man gesagt: Onlinejournalismus kann es nicht geben, weil die Leute nicht am Computer lesen. Jetzt hat man gelernt, dass es einen Riesenbedarf gibt. Dann sagte man: Online ist nur gut für die News. Aber jetzt merkt man, dass die Leute auch tiefer gehen wollen. Wir bieten inzwischen online ganz viel Service. Das wird oft völlig ausgeklammert.

Hansi Voigt und Rolf Cavalli
Bild: Screenshot schweizer-journalist.ch

Hört sich das nicht ganz anders an, als das, was dauernd an Gejammer aus den Printverlagen zu hören ist? Bezeichnend ist auch, dass man diese Aussage im hinteren Teil eines Streitgesprächs mit dem einschläfernden Rolf Cavalli (blick.ch) auffinden muss. Der Satz „Wir schreiben online seit Jahren schwarze Zahlen“ hätte doch auch schön auf die Titelseite gepasst.

Ich mag das Gejammer der Altherrengarde in den Printverlagen schon lange nicht mehr hören. Leider schweigen sich auch online-affine Journalisten in den Printverlagen in der Regel dazu aus. Es wäre an der Zeit, zu widersprechen.

Journalismus im Hause Ringier

Im Ringier „Code of Conduct“ (pdf, 71 kb), einer Richtlinie, die „für die Ringier-Mitarbeitenden aller Länder verbindlich“ ist, steht auf Seite 10:

Screenshot ringier.ch 1
Bild: Screenshot ringier.ch

So weit, so schön. Nun kommen wir zur Titelgeschichte vom 30. Juni 2009 der Ringier-Boulevardzeitung Blick:
Screenshot blick.ch
Bild: Screenshot blick.ch

Wie 20min.ch mit einem Blick auf die Website des Arbeitgebers festgestellt hat, handelt es sich bei der Person nicht um eine Person des öffentlichen Lebens:

Die junge Frau arbeitet als Sekretärin auf der Sozialbehörde einer Gemeinde. «Darf eine Schweizer Amtsperson sich so im Internet zeigen?», titelte die Zeitung am Dienstag und schrieb der jungen Frau fälschlicherweise die Funktion einer Amtsleiterin zu — obwohl ein Blick auf die Website genügt hätte.

Zudem stellt sich die Gegenfrage: „Darf sich eine ‚Blick‘-Autorin so zeigen?„.