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Was in allen Zeitungen steht

Ich habe eine neue Lieblingssendung. Sie dauert kaum 10 Minuten, wird täglich vor 13 Uhr im Deutschlandfunk DLF ausgestrahlt und nennt sich “Internationale Presseschau”. Gut, die Sendung gibt es in dieser Form schon seit 1987, aber man kann ja auch mal etwas wieder entdecken.

Übersetzt und zitiert wird nicht nur, was „Xinjingbao“ aus Peking schreibt, sondern auch, was in „Xinmin Wanbao“ und „Jiefang Ribao“ aus Shanghai steht. Ein Service, den man selbst nicht oder nur mit grossem Aufwand nachvollziehen kann.

Interessiert doch keinen? Aber doch! Der fremde Blick auf die bekannte Lage zeigt manchmal nur zu gut auf, wie wir dazu neigen, einander unsere Meinungen anzupassen. Journalisten aus anderen Ländern haben andere Gedanken, Standpunkte, Ansichten. Die den Schweizer Journis, die ihre Inputs hauptsächlich von deutschsprachigen und nebensächlich von englischsprachigen Medien erhalten, den Horizont erweitern könnten.

Wie inländische müssen auch ausländische Medien kritisch gelesen werden: Wenn sich ein Blatt aus Ruanda über westliche Journalisten aufregt, die angeblich frustriert sind, weil sich “die Ruander nicht gegenseitig an die Gurgel springen, sondern vielmehr begeistert ihre demokratischen Rechte wahrnehmen”, dann mag das ein korrekter Sachverhalt sein. Oder Regierungspropaganda.

Was die “Neue Zürcher Zeitung aus Zürich” schreibt, ist übrigens fast jeden Mittag ein Thema im deutschen Sender, auch der “Tages Anzeiger” ist immer mal wieder dabei.

Dem DLF-Gefäss ist nur zu wünschen, dass es durch den Fokus auf Tageszeitungen nicht den Anschluss an wichtige Debatten verliert, die in Wochen- und Monatsmagazinen und im Web stattfinden. Auf Radio DRS gibt es leider keine internationale Presseschau mehr, nur noch eine nationale. Die mit jeder Fusion eintöniger wird. Schade.

Deutschlandfunk DLF, Internationale Presseschau, Montag bis Samstag um 12:50 Uhr.

Dieser Artikel erschien im Pressespiegel von mediaforum.ch, den man hier per E-Mail abonnieren kann.

“Peppige Spass-Produktionen mit Celebritys”

Nach dem Generaldirektor Roger de Weck kürte die SRG nun auch den “Superdirektor”. Er heisst Rudolf Matter, ist 56 Jahre alt und hat bisher noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag. Ihm fällt als Direktor über Radio und Fernsehen eine Medienmacht in die Hände, wie sie kaum ein anderer hierzulande hat.

Die Woche vor der Verlautbarung schrieb der Medienkolumnist der “Weltwoche”, Kurt W. Zimmermann, es blieben nur zwei übrig für diesen Job. Einerseits Filippo Leutenegger, “FDP-Nationalrat”, andererseits Ueli Haldimann, “eine eher linke Socke”. Beide wurden es nicht. Nun ja, man kann sich irren.

Interessanter sind aber die Sätze von Zimmermann, warum er für den Kandidaten Haldimann einsteht: “hat Ahnung vom Geschäft und vor allem vom Boulevard”, “fiel mit publizistischen Provokationen positiv auf”, “hatte schon immer ein populistisches Flair”, “nur Populismus bringt die Quoten wieder hoch”, “wir wollen nur ein knalligeres Programm”. Und er behauptete: “Das Publikum erwartet peppige Spass-Produktionen mit Celebritys, Comedy, Spannung und Hoch-das-Bein. In der Information müssen populärere Themen her, mehr harte Recherchen und weniger konkordanter Kuschelfunk.”

Ausser der Forderung nach harten Recherchen ist das alles Quatsch. Ein gebührenfinanziertes Fernsehen muss eben nicht Quote bringen. Es muss das liefern, was das private Fernsehen nicht liefert: Information, Kultur, Programme für Minderheiten, Journalismus. Also jene Nachfrage abdecken, die der Markt nicht selbst zu produzieren imstande ist.

Die Rechnung geht leider nicht auf: Das kleine Verbreitungsgebiet und die gesetzlichen Einschränkungen führen dazu, dass offenbar kein nationaler Privat-TV-Sender gewinnbringend bestehen kann. Also sind die gebührenfinanzierten Programme dazu gezwungen, alles zu liefern, auch das “Hoch-das-Bein”. Gefordert sind die Politiker, die irrsinnigen Hürden abzubauen. Immerhin kann, zum Beispiel mit Ustream.tv, jeder 24 Stunden live senden, wenn er das will. Was Privatfernsehen ziemlich nahe kommt.

Die Deutschschweiz läuft Gefahr, in Medienmonopole zu schlittern. Es gibt nur eine nationale Nachrichtenagentur. Es gibt nur einen nationalen TV-Sender. Es gibt nur ein nationales Radio. Es gibt nur eine Handvoll Zeitungsverlage. Am Schluss gibt es vielleicht nur noch einen Superdirektor für alles. Zum Glück gibt es das Internet.

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Journalismus im Hause Ringier (4)

Dem Zürcher Radiosender Energy Zürich (zu 51 Prozent in Besitz von Ringier, hier eine Übersicht der Beteiligungen von Ringier) muss seine Radiosendungen Ende Jahr abschalten, wie nun endgültig vom Bundesverwaltungsgericht entschieden wurde („Das Urteil kann vor Bundesgericht nicht angefochten werden und ist somit seit der Eröffnung rechtskräftig.“)

Der Online-Ableger der Boulevardzeitung „Blick“ (zu 100 Prozent in Besitz von Ringier) berichtete am 18. September über diese Einstellung mit diesen Worten:

„Der Schock beim populären Radiosender Energy sitzt tief“

„Die Mitarbeiter sind wütend und traurig“

Man holte sich ausgewählte Stimmen ein. Der Präsident des Verbandes Schweizer Presse, Hanspeter Lebrument, sagte zum Beispiel: „Ich bin bestürzt und wütend“. Verschiedene Musiker, Parlamentarier und Energy-Mitarbeiter gaben ihrer Empörung in einer Bildergalerie Ausdruck.

Dass Blick.ch bei seinen vielen, vielen Berichten über Radio Energy darauf hinweist, dass dieses mehr als zur Hälfte Ringier gehört, hab ich noch nicht gesehen. Wenn, dann machen den Transparenzhinweis Leser in der Kommentaren.

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