Bundespräsident Hans-Rudolf Merz: Seit dem 1. September 2009 ohne Gesicht

Hans Rudolf Merz vor dem 1. September 2009
Hans-Rudolf Merz vor dem 1. September 2009. Bild: CC Flickr World Economic Forum

Die Schweizer Regierung kämpft seit Monaten mit dem libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi in einem diplomatischen Krieg. Es geht um die Rückführung von zwei ABB-Mitarbeitern, die in Folge einer Verhaftung von Gaddafis Sohn und seiner Frau in Genf bisher das Land nicht verlassen durften.

Bundespräsident Hans-Rudolf Merz schloss, obwohl bezweifelt wird, ob er dazu überhaupt berechtigt ist, für die Schweiz mit Libyen einen Staatsvertrag (news-service.admin.ch, PDF-Datei) ab. Auf den zwei Seiten stehen eigentlich nur Pflichten der Schweiz gegenüber Libyen, von Pflichten Libyens gegenüber der Schweiz ist kaum etwas zu lesen. Es heisst nur, dass wieder normale Beziehungen zwischen den Staaten aufgenommen werden, was auch eine Normalisierung der Ein- und Ausreise mit sich bringt – im Einzelfall kann das alles Mögliche heissen.

Libyen verpflichtete sich also offensichtlich nur mündlich dazu, bis Anfang September die beiden Festgehaltenen aus dem Land zu lassen. Merz sagte in Tripolis: „Die Libyer haben mir versprochen, dass sie vor dem 1. September freigelassen werden.“ Wie ein heute publiziertes Interview mit Khaled Kaim zeigt, wurde das von libyscher Seite ganz anders verstanden. Der Premierminister habe doch nur versprochen, „dass man im Fall der beiden Schweizer noch im Laufe des Augusts etwas unternehmen werde“.

Am 21. August 2009 war auf nzz.ch folgendes lesen (Hervorhebung durch mich):

Was aber, wenn die libysche Seite ihr Wort nicht hält und die beiden Schweizer am 1. September noch immer nicht zurück sind? «Dann reise ich ein zweites Mal nach Libyen», antwortete Merz, der nicht leugnete, dass dies für ihn einem Gesichtsverlust gleichkäme. Und Merz fügte hinzu, das Gleiche wäre der Fall, wenn eine Mehrheit im Parlament diesen Vertrag desavouieren würde.

Heute schreiben wir den 6. September 2009, die beiden Mitarbeiter sind immer noch in Libyen. Daraus kann nur eines gefolgert werden: die Schweiz hat einen Bundespräsident ohne Gesicht.

Hans-Rudolf Merz nach dem 1. September 2009
Hans-Rudolf Merz nach dem 1. September 2009. Bild: CC Flickr World Economic Forum. Fragwürdige Bearbeitung: Ronnie Grob

In der heutigen „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ wird Merz auf Seite 12 (Spalte „Das war’s“) stark kritisiert. Ein ungenannter Autor schreibt in einer Geschichte, in der es unnötigerweise wie immer, wenn Deutsche über Schweizer schreiben, um viel Käse geht:

Merz, der politisch so blass und naiv ist wie der berüchtigte Appenzeller Käse, hatte nämlich durch eine besonders kriecherische Annäherung an Gaddafi, beide sind Jahrgang 1942, versucht, den von Gaddafis sogeanntem Sohn Hannibal angezettelten Konflikt durch eine selbstverleugnerische Selbstbezichtigung aus der Welt zu schaffen. (…)

Die Krise beizulegen, war Merz eigens nach Tripolis geflogen, um sich lakaienhaft zu entschuldigen beim libyschen sogenannten Volk für die sogenannte „ungerechtfertigte Verhaftung“ von Hannibal Gaddafi. Da war es aus libyscher Sicht folgerichtig, dass die als Gegenleistung für das Schuldeingeständnis versprochene Freilassung von eigens zur Lösung des Konflikts im Land festgesetzten Schweizer Geiseln unter heftigem Hohngelächter nicht erbracht wurde. Es heisst, die Schafherden und Zeltwände der Libyer hätten seit dem Lockerbie-Anschlag nicht mehr so gewackelt.

Blass, naiv, selbstverleugnerisch, selbstbezichtigend, kriecherisch, lakaienhaft. Und dann auch noch selbstverschuldet ohne Gesicht. Kann jemand, „der gemäss Bundesverfassung die Eidgenossenschaft im Innern sowie nach Aussen“ repräsentiert, so angesehen werden?

Keine Frage: Eine Rückholung von Mitbürgern aus einem diktatorischen Staat ist keine leichte Aufgabe. Wer aber seinen eigenen Gesichtsverlust prophezeit und ihn dann eintreten sieht, der kann nicht weitermachen wie bisher. Er muss zurücktreten. Jetzt oder spätestens, nachdem die beiden ABB-Mitarbeiter wieder in der Schweiz sind.


Kommentare

2 Antworten zu „Bundespräsident Hans-Rudolf Merz: Seit dem 1. September 2009 ohne Gesicht“

  1. Kann jemand, “der gemäss Bundesverfassung die Eidgenossenschaft im Innern sowie nach Aussen” repräsentiert, so angesehen werden?

    Wo in der Bundesverfassung steht, dass der Bundespräsident die Eidgenossenschaft im Innern sowie nach Aussen repräsentiert?

    Einschlägig ist Art. 176 der Bundesverfassung:

    http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a176.html

    Richtig ist wohl, dass der Bundesrat als Kollegium die Eidgenossenschaft im Innern sowieso nach Aussen repräsentiert – entsprechend werden beispielsweise ausländische Staatsgäste üblicherweise vom Gesamtbundesrat empfangen.

  2. […] Oberschlumpf ohne Hirn und Gesicht alias Bundespräsident Hans-Rudolf […]

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