Ich habe, als ich von der Annahme der Initiative „Gegen den Bau von Minaretten“ erfahren habe, erst mal einen grossen Schawarma-Teller bestellt. Er schmeckte hervorragend – zubereitet wurde er von einem Mann, der einen enorm dichten Bart trug, gegen den meiner wie Flaum aussieht und der mit den Mitarbeitern in der Küche in einer Lautstärke redete, als wäre er der Gebetsrufer eines Minaretts. Mit mir redete er deutsch und sagte „Tschüssi“, als ich ging.
Auch wenn ich mit „Nein“ gestimmt habe, weil ich keinen Grund sehe, warum Minarette nicht gebaut werden sollen, halte ich das Ergebnis der Abstimmung für keine Katastrophe. So geht nun mal direkte Demokratie, und das ist auch gut so. Jetzt werden halt keine Minaretttürme mehr gebaut in der Schweiz, nun denn. Die Ausübung der Religion wird damit nach meiner Meinung nicht behindert. Aufgenommen wird aufgrund der Initiative im Gesetz nur ein einziger Satz:
Der Bau von Minaretten ist verboten.
Ich halte diesen Satz für unfair und einseitig und ich glaube nicht, dass er in der Bundesverfassung etwas verloren hat. Was ist mit den Kirchtürmen, die es sich erlauben dürfen, die allgemeine Ruhe mit ihrem Glockengebimmel immer wieder zu stören? Wenn schon, gehören diese mit in die selbe Bestimmung.
Das Volksvotum zeigt aber auch anderes auf:
1. Obwohl ich niemanden kenne, der für die Initiative war und obwohl alle Parteien ausser zwei (mit Abstrichen) und nahezu alle Medien dagegen waren, wurde die Vorlage mit deutlichen 57,5 Prozent angenommen. Das ist ein deutliches Zeichen für eine tiefe Spaltung zwischen der sogenannten Elite bei den Parteien und den Medien sowie den Bürgern.
2. Offenbar haben viele von denen, die sich so vehement gegen die Initiative und deren Wahlplakat empört haben, den Weg ins Wahllokal nicht geschafft. Anders ist das Ergebnis kaum zu erklären.
3. Ein furchtbares Debakel für die Prognostiker, namentlich für Claude Longchamp, die der Initiative kaum Chancen einräumten.
Wer jetzt wahnsinnig empört ist, dass Moslems in der Schweiz nun nicht mehr so bauen können, wie sie wollen, der stelle sich ein Gedankenexperiment vor. Eine Gruppe, die daran glaubt, dass alle Menschen bis ins Jahr 2050 von Ausserirdischen zerstört werden, betet dreimal täglich eine halbe Stunde in Richtung eines Ufos, von dem prophezeit wird, es werde von Norden kommen und wenige Auserwählte retten. Um das gemeinsam zu tun, baut die Gruppe grosse Kuppeln mit einem Fünfeck als Symbol. Nun verbieten die Schweizer der Gruppe, solche Kuppeln weiterhin zu bauen. Ist das jetzt dramatisch für die Religionsfreiheit dieser Gruppe?
Andere Stimmen dazu:
„Minarette verboten!“ (blog.emeidi.com)
„Gemach, gemach!“ (andreasvongunten.com)
„Das Wort zum Sonntag“ (andremarty.com)
„Kein Bedarf zum Stellvertreterschämen“ (beizzweinull.wordpress.com)
„Minarettverbot: Ein Problem für die Schweiz?“ (gedankenblitze.ch)
„Einer muss den Anfang machen“ (welt.de, Henryk M. Broder)
Interview mit Roger Köppel (tagesanzeiger.ch)
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