Minarette & Tschüssi

Ich habe, als ich von der Annahme der Initiative „Gegen den Bau von Minaretten“ erfahren habe, erst mal einen grossen Schawarma-Teller bestellt. Er schmeckte hervorragend – zubereitet wurde er von einem Mann, der einen enorm dichten Bart trug, gegen den meiner wie Flaum aussieht und der mit den Mitarbeitern in der Küche in einer Lautstärke redete, als wäre er der Gebetsrufer eines Minaretts. Mit mir redete er deutsch und sagte „Tschüssi“, als ich ging.

Auch wenn ich mit „Nein“ gestimmt habe, weil ich keinen Grund sehe, warum Minarette nicht gebaut werden sollen, halte ich das Ergebnis der Abstimmung für keine Katastrophe. So geht nun mal direkte Demokratie, und das ist auch gut so. Jetzt werden halt keine Minaretttürme mehr gebaut in der Schweiz, nun denn. Die Ausübung der Religion wird damit nach meiner Meinung nicht behindert. Aufgenommen wird aufgrund der Initiative im Gesetz nur ein einziger Satz:

Der Bau von Minaretten ist verboten.

Ich halte diesen Satz für unfair und einseitig und ich glaube nicht, dass er in der Bundesverfassung etwas verloren hat. Was ist mit den Kirchtürmen, die es sich erlauben dürfen, die allgemeine Ruhe mit ihrem Glockengebimmel immer wieder zu stören? Wenn schon, gehören diese mit in die selbe Bestimmung.

Minarett

Das Volksvotum zeigt aber auch anderes auf:

1. Obwohl ich niemanden kenne, der für die Initiative war und obwohl alle Parteien ausser zwei (mit Abstrichen) und nahezu alle Medien dagegen waren, wurde die Vorlage mit deutlichen 57,5 Prozent angenommen. Das ist ein deutliches Zeichen für eine tiefe Spaltung zwischen der sogenannten Elite bei den Parteien und den Medien sowie den Bürgern.

2. Offenbar haben viele von denen, die sich so vehement gegen die Initiative und deren Wahlplakat empört haben, den Weg ins Wahllokal nicht geschafft. Anders ist das Ergebnis kaum zu erklären.

3. Ein furchtbares Debakel für die Prognostiker, namentlich für Claude Longchamp, die der Initiative kaum Chancen einräumten.

Wer jetzt wahnsinnig empört ist, dass Moslems in der Schweiz nun nicht mehr so bauen können, wie sie wollen, der stelle sich ein Gedankenexperiment vor. Eine Gruppe, die daran glaubt, dass alle Menschen bis ins Jahr 2050 von Ausserirdischen zerstört werden, betet dreimal täglich eine halbe Stunde in Richtung eines Ufos, von dem prophezeit wird, es werde von Norden kommen und wenige Auserwählte retten. Um das gemeinsam zu tun, baut die Gruppe grosse Kuppeln mit einem Fünfeck als Symbol. Nun verbieten die Schweizer der Gruppe, solche Kuppeln weiterhin zu bauen. Ist das jetzt dramatisch für die Religionsfreiheit dieser Gruppe?

Andere Stimmen dazu:

„Minarette verboten!“ (blog.emeidi.com)

„Gemach, gemach!“ (andreasvongunten.com)

„Das Wort zum Sonntag“ (andremarty.com)

„Kein Bedarf zum Stellvertreterschämen“ (beizzweinull.wordpress.com)

„Minarettverbot: Ein Problem für die Schweiz?“ (gedankenblitze.ch)

„Einer muss den Anfang machen“ (welt.de, Henryk M. Broder)

Interview mit Roger Köppel (tagesanzeiger.ch)

43 Gedanken zu „Minarette & Tschüssi“

  1. Was mich so sauer macht ist nicht, dass ich das Gefühl hätte, dass sich irgendetwas fundamental ändern wird. Mir können Minarette und Kirchtürme gestohlen bleiben.

    Was mich zur Verzweiflung bringt ist zu sehen wie eine klare Mehrheit der Schweizer offensichtlich nicht einmal ein minimales Verständnis von Rechtstaat und Verfassungsprinzipien zu haben scheinen. Es geht um Ideen wie Rechtsgleichheit, Diskriminierungsverbot und Minderheitenschutz. Diese werden mit diesem Artikel objektiv feststellbar verletzt und das geht über ‚politische Meinung‘ aus.

    Demokratie ist eben nicht nur „Die Mehrheit hat Recht“ (sonst bitte ich darum unter anderem den Ständerat ebenso wie das Ständemehr abzuschaffen und in Zukunft die lateinischen Sprachen zu ignorieren).

    In diesem Sinne hat das Schweizer Volk heute ein Gegenargument gegen die direkte Demokratie geliefert. Da hilft auch kein Versuch der Ausgewogenheit.

  2. @Ronnie Grob
    Um deine Frage zu beantworten: Durch Schutzklauseln sichert man sich in Demokratien normalerweise ab (Supermehrheiten für Verfassungsänderungen, Verfassungsgerichtbarkeit, Quoten etc.).

    Ich frage dich hingegen nochmals: Warum schaffen wir nicht das Ständemehr und den Ständerat ab, verzichten auf die Zauberformel, das Vernehmlassungsverfahren, vier Amtssprachen und ignorieren in Zukunft die lateinischen Sprachgebiete? Weil wir eben nicht an die Mehrheitsdiktatur glauben. Das machen wir eben nur sehr selektiv.

  3. Sorry, da habe ich während dem Schreiben den Gedanken geändert. Betreffend deiner Frage muss ich präzisieren:

    Die Schutzmechanismen sind dazu da dem Mehrheitsentscheid Grenzen zu setzen. Letzterer ist dazu nur ein Instrument zur Ermittlung des Volkswillen (neben zum Beispiel Repräsentation oder das Vernehmlassungsverfahren).

  4. @Ronnie Grob
    Das wäre ein interessantes Experiment. Man müsste aber schon etwas 50 Jahre warten (wenn man es durchkriegen würde, woran ich im Gegensatz zu dir zweifle). Ich bin jedoch ein sehr ungeduldiger Mensch :-)

    @mds
    Ich verachte weder die Demokratie noch andere Meinungen. Im Gegenteil (und das werden dir alle regelmässigen Blogleser bei mir bestätigen). Ich verachte hingegen Argumente die eigentlich keine sind. Ich schreibe über den Rechtsstaat und du sagst ich soll auswandern. Ich sage ich habe nichts für den Islam übrig und du sagst ich sei ein Islam-Freund (was übrigens selbst wenn ich es wäre, nicht relevant ist). Ich sage wo ich glaube dass der Schuh drückt und du laberst was von ‚undemokratischem Ausland‘. Du argumentierst in einer Blase und nein, so etwas nehme ich nicht ernst und darum darfst du dich auch nicht wundern wenn ich deinen ‚Argumenten‘ keinen Respekt entgegenbringe.

    @Fred Burger
    Nein, überzeugter Atheist (und kulturell vor allem von der reformierten Kirche geprägt in der ich aufgewachsen bin). Schön, dass zur Abwechslung einer mal nicht einfach annimmt sondern nachfrägt.

  5. Was ist mit den Kirchtürmen, die es sich erlauben dürfen, die allgemeine Ruhe mit ihrem Glockengebimmel immer wieder zu stören? Wenn schon, gehören diese mit in die selbe Bestimmung.

    Kirchentürme sind christliche Symbole, Minarette islamische – die Schweiz versteht sich nach wie vor als christlicher Staat, nicht als islamischer Staat (oder als religionsneutraler Staat). Dieses Faktum zeigt sich unter anderem darin, dass die grossen christlichen Kirchen in der Schweiz staatlich organisiert sind und juristische Personen (insbesondere Unternehmen) Kirchensteuern abführen müssen.

  6. @ali: Wie anders soll denn die Meinung der Volksherrschaft (= Demokratie) ermittelt werden, wenn nicht über die Auszählung der Mehrheit?

    Ich halte nichts vom Argument, Demokratie sei etwas anderes als die Tyrannei der Mehrheit. Und mir ist die Tyrannei der Mehrheit bedeutend lieber als die Tyrannei einer Minderheit. Auch wenn die Mehrheit auf Minderheiten durchaus Rücksicht nehmen kann. Das liegt aber meines Erachtens im Ermessen der Mehrheit.

  7. @ali: Der Link zu Deinem Blog funktioniert nicht, korrekt wäre http://www.scienceblogs.de/zoonpolitikon/, spezifisch wohl http://www.scienceblogs.de/zoonpolitikon/2009/11/minarettverbot-in-der-schweiz-demokratische-perversion.php.

    Schade finde ich, dass Du meinen Kommentar zu Deinem Blogeintrag als «Spielen» bezeichnest und damit klar zum Ausdruck bringst, dass Du nicht nur Demokratie verachtest, sondern auch andere Meinungen und damit die Meinungsfreiheit im Allgemeinen. Demokratie zählt für Dich anscheinend nur, wenn die entsprechenden Entscheidungen in Deinem Sinn ausfallen. Dito für die Meinungsfreiheit.

  8. Auswandern ist das Stichwort. Mir wird es nämlich allmählich etwas gschmuch in diesem Kleinstaat.

    «Auswandern» ist in erster Linie dummes Geschwätz – trotz Personenfreizügigkeit wird kaum jemand nun auswandern … dabei wäre es wünschenswert, wenn auch Schweizer vermehrt die Personenfreizügigkeit mit Europa nutzen würden, ansonsten ist sie vollkommen nutzlos.

  9. @bugsierer: Diesen Aspekt finde ich auch interessant – bloss sehe ich den Bezug zur Minarett-Initiative (noch) nicht. Leider finden sich im Wikipedia-Artikel keine aktuellen Beispiele.

  10. @bugsierer: Es geht wohl um widersprüchliche Bestimmungen in einer Verfassung. Das Bauverbot für neue Minarette beispielsweise könnte man als Verstoss gegen einen Teilaspekt der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15 BV) verstehen.

    Einschränkungen und Präzisierungen von Grundrechten sind allerdings normal, allein in der Bundesverfassung finden sich unzählige Beispiele dafür. Daneben gilt der Grundsatz, dass spezielle Regelungen allgemeine Regelungen brechen.

    Ali, der oben kommentiert hat, kann aufgrund seiner Ausbildung vielleicht etwas zu dieser Teilthematik beitragen.

  11. So ziemlich dreckig finde ich die Rolle von SF DRS. Der Herr mit der Fliege versucht heute krampfhaft zu erklären, weshalb er um 20% daneben lag mit seine Vorhersagen. Bei den 37% der vormaligen Befürworter wurden viele arrogant vom gfs als ungebildet abgekanzelt. Nun sind es aber ein bisschen viele Ungebildete geworden wie mir scheint.

    Vor zwei Wochen hat ein Westschweizer Institut 1000 Leute zur Initiative befragt. Die Vorlage wurde dort mehrheitlich gutgeheissen. Aber SF DRS hat das natürlich nicht publiziert. Dafür nur immer die tendenziösen Umfragen des Herrn mit der Fliege. Dazu liegt dieser Herr regelmässig daneben mit seinen Umfragen.

  12. Nebenbei: Erinnert sich noch jemand daran, dass im Wahlkampf die Plakate der Minarett-Initianten vielerorts verboten wurden?

    Schon da zeigt sich, dass die Minarett-Freunde wenig von Demokratie und Meinungsfreiheit halten. Die heutigen Reaktionen bestätigen diesen traurigen Umstand gleich nochmals.

    Ich bin froh, dass es neben diesen hysterisch-dummen Reaktionen auch noch besonnene Stimmen gibt – Stimmen, die zeigen, dass man anderer Meinung als die Minarett-Gegner sein kann, Demokratie aber dennoch respektiert.

  13. Na super: Initiative angenommen, es werden (vielleicht) keine Minarette mehr gebaut und damit ist also die (angebliche) Islamisierung der Schweiz gestoppt, die Islamisten lassen die Finger von der Schweiz! So einfach ist das. Vielleicht… oder vielleicht auch nicht …!?

    Und was mich auch nervt an der Diskussion: Sowohl in SWR3 als auch in Bayern 3 hiess es heute Abend: „57% der Schweizer Bevölkerung …“ Nein, das stimmt eben nicht und suggeriert ein falsches Bild. Fakt ist, dass weniger als ein Drittel der Schweizer Bevölkerung der Initiative zugestimmt hat, der Rest, also mehr als zwei Drittel, sagte explizit Nein – oder ging erst gar nicht zur Abstimmung.

  14. Wer nicht abstimmen ging hat auch nichts zu melden!! Keiner sagte das mit der Initiative all die Islamprobleme gelöst werden. Dem politischen Islam wird aber ein großer Zacken aus der Krone geschlagen. Und genau darum ging es in dieser Vorlage.

  15. So einfach ist das. Vielleicht… oder vielleicht auch nicht …!?

    Natürlich nicht – die Annahme der Minarett-Initiative ist im besten Fall ein Zeichen, konkrete Auswirkungen hat sie weder auf die Lösung der zahlreichen Probleme mit Islam-Bezog noch auf die Ausübung des islamischen Glaubens in der Schweiz.

    Und was mich auch nervt an der Diskussion: Sowohl in SWR3 als auch in Bayern 3 hiess es heute Abend: “57% der Schweizer Bevölkerung …” Nein, das stimmt eben nicht und suggeriert ein falsches Bild. Fakt ist, dass weniger als ein Drittel der Schweizer Bevölkerung der Initiative zugestimmt hat, der Rest, also mehr als zwei Drittel, sagte explizit Nein – oder ging erst gar nicht zur Abstimmung.

    Wer nicht abstimmt, stimmt nicht ab – nicht mehr, nicht weniger. In einer Demokratie bestimmten jene Stimmberechtigten, die abstimmen. Wer nicht selbst stimmt, lässt sich letztlich von jenen vertreten, die stimmen. Die Gesamtbevölkerung zählt diesbezüglich nicht, auch wenn sich die Verlierer von Abstimmungen gerne mit anderen Rechenweisen zu trösten versuchen (meistens übrigens die SVP).

  16. Immerhin ist das Minarettverbot ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Darum ging es hier. Weitere Maßnahmen müssen folgen, die auch schon im Gespräch sind (u.a Burkaverbot, keine Genitalverstümmelungen). Immerhin hatten wir ausgerechnet bei dieser ( SVP) Abstimmung eine 10% höhere Teilnahme als üblich. Das sagt auch viel aus…

    SP, Grüne, FDP, CVP, GLP, BDB, Verbände, linke Medien und der Bundesrat haben eine schwere Niederlage erlitten. Eine 29% Partei, die grösste im Land ( mit Abweichlern) hat fast alleine einen grandiosen Sieg erhalten. Dafür bekommt man in ausländischen Foren viel Zustimmung!

  17. @Ali
    Das Resultat zeigt eines: wie es in der Türkei einen „tiefen Staat“ gibt, der den Wesenskern des „Türkentums“ rein erhalten will, so gibt es offensichtlich auch eine alemannische „suisse profonde“. Die Diskussion hier kreist in der Begrifflichkeiten der Aufklärung: Rechtsstaat, Religionsfreiheit etc.
    Die Schweizer Landsgemeinde-Orte aber haben in ihrer vormodernen Volksdemokratie ein Gewebe in dem Religion und Basisdemokratie ineinanderfliessen. Siehe hier die Ausserrhoder Landsgemeinde:
    http://museum.heiden.ch/PDF/04_Landsgem_24.04.07.pdf
    Könnte nun ein Muslim an einer Abstimmung an einer Landsgemeinde teilnehmen, die als christlicher Gottesdienst abgehalten wird? Gerade auf dem Land waren in der Schweiz bis vor wenigen Jahrzehnten, die Kirchen die Versammlungsorte der Gemeindeversammlungen. Die vormoderne Schweiz hat in der christlichen Landsgemeindedemokratie eine Staatsform gewählt, die im denkbar grössten Gegensatz steht zum islamischen Kalifat, wo Staat und Religion unter einem absolut herrschenden Despoten ungetrennt miteinander verwaltet werden.
    Dieser tiefe System-Unterschied, der von den Eliten nicht mehr reflektiert wird, weil sie in den Begrifflichkeiten der Moderne denken, ist dem bedrängten Schweizer Volk „obsi“ cho.
    Die kleine Schweiz mit ihrem Rekord-Ausländer-Anteil von 21 % sieht sich im Moment Schutzlos einer Zuwanderung von Hochqualifizierten, Firmen, Steuerflüchtlingen ausgesetzt und durch die muslimische Demografie unter Druck gesetzt.

    Die Kantone, welche die calvinistische Trennung von Staat und Kirche vorgenommen haben (Genf, Waadt, Neuenburg)und keine volksdemokratische Tradition kennen (da sie als Untertanengebiete oder Zugewandte zur Eidgenossenschaft kamen), sondern von einem lateinischen Staatsbegriff geprägt sind, haben die Initiative abgelehnt.

    Es gibt also Probleme mit der Integration des Islams (einer Religion die weder die Reformation noch die Aufklärung durchlebt hat) in das helvetische Staatskunstwerk. Die Dinge sind komplizierter als sie von manchen wohlmeinenden Schweizern dargestellt werden, die sich nun meinen ihrer Demokratie schämen zu müssen. Ausländer, die keine direkte Demokratie kennen, und die von den Amerikanern in die Realität zurückgebombt werden mussten, verstehen die Problematik nicht. Können sie nicht verstehen. Es gab nämlich schon vor der Menschenrechtserklärung von 1948, schon vor der französischen Revolution von 1789 in der Schweiz ein föderales Staatswesen in dem Protestanten und Katholiken einander gleichberechtigt tolerierten.

    Dieses Staatskunstwerk nun auch für den Islam zu öffnen, ist der Wille der Schweizer. Aber dieser Prozess braucht Zeit und grösste Anstrengungen. Verhältnisse wie sie in Berlin oder in den Pariser Vororten herrschen wollen die Eidgenossen nicht.

  18. @uertener

    Ich bin mit vielen deiner Prämissen nicht einverstanden (z.B. Genf war unter Calvin eine Theokratie, das Gegenteil eines säkularen Staates, oder der relativ ‚hohe Ausländeranteil‘ kommt unter anderem durch eine restriktive Einbürgerungspraxis zustande). Oft kann finde ich deine Schlussfolgerungen auch nicht einleuchtend (z.B. warum ist ein ‚christliche Landsgemeindedemokratie‘ das Gegenstück zum Kalifat? Man könnte auch sagen, dass es näher dran ist als eine laizistische Staatsform). Und was genau willst du mit „Ausländer, die keine direkte Demokratie kennen, und die von den Amerikanern in die Realität zurückgebombt werden mussten, verstehen die Problematik nicht“ sagen? In diesem Satz ist so viel falsch ich weiss gar nicht wo anfangen.

    Aus diesen in meinen Augen wackligen Prämissen ziehst du dann Schlussfolgerungen, die so gar nicht davon abgeleitet werden können („Es gibt also Probleme mit der Integration des Islams“).

    Aber ich habe keine Zeit nun im Detail darauf einzugehen. Das ist auch nicht weiter ein Problem denn es geht im Grunde gar nicht darum, ob der Entscheid erklärbar ist (das ist er bestimmt irgendwie). Es geht darum, dass man heute in der Verfassung nicht eine spezifischen religiöse Gruppe explizit einschränken kann ohne dabei fundamentale Rechtsprinzipien zu verletzen. Das Schweizer Stimmvolk hat es trotzdem gemacht. Das der Entscheid aus dieser Sicht nicht haltbar ist ändert sich durch keine Begründung. Das Resultat zeigt die Grenzen der direkten Demokratie (zu deren Fans ich übrigens gehöre).

  19. @mds
    Wie ich weiter oben schon ausgeführt habe, wenn das deine Definition von Demokratie ist, dann erfülle ich dein Kriterien tatsächlich nicht. Konsistenz in der Argumentation scheint aber nicht deine Stärke (oder vielleicht Ziel) zu sein. Weil wenn deine Definition gelten soll dann leben wir hier in der Schweiz in einer „schlechten Demokratiesimulation“. Da es dir Mühe zu bereiten scheint auf Argumente einzugehen und du persönliche Angriffe und simplen Applaus bevorzugst hier drei Fragen für dich, vielleicht schaffst du es so dich auf Inhalte zu konzentrieren:

    Nehmen wir an deine Definition von Demokratie gilt dann…

    1) Nenne mir ein paar echte Demokratien weltweit (drei reichen)
    2) Erkläre mir bitte warum die Schweiz trotz den unzähligen Beschränkungen als Demokratie zu gelten hat?
    3) Was ist die Quelle für deine Definition (sie scheint eher aus dem Politdiskurs als aus der Politiktheorie zu entstammen)?

  20. @mds

    Sinngemäss empfahl mir Dein Universitätskollege, den Ali-Troll nicht mehr zu füttern.

    …sagt er und verschwand ohne auch nur auf ein Argument einzugehen.

    Du hast also Freunde bei mir am Institut? Interessant. Du bist also gut vernetzt in Genf. Deine Definition von „Troll“ scheint übrigens noch eigenwilliger zu sein als deine Demokratie Definition.

    Aber ich danke für die entlarvende Demonstration. Ich habe offensichtlich dich schon bei mir im Blog richtig eingeschätzt, als ich vermutete, du seist nicht wirklich an einem Austausch von Argumenten interessiert bist.

  21. @Baerner
    Lasst doch einfach mal meine Person aussen vor (vor allem auf die Hobby-Psychoanalyse von mir verzichte ich gerne) und versucht bitte auf Inhalte einzugehen. Aber ich befürchte ich wiederhole mich.

    Das hat man nun davon, wenn man im Netz nicht anonym unterwegs ist.

  22. @Ali:

    Das Resultat zeigt die Grenzen der direkten Demokratie (zu deren Fans ich übrigens gehöre).

    Du bist kein Freund der direkten Demokratie, denn Du befürwortest direkte Demokratie offensichtlich nur in Grenzen sowie wenn die entsprechenden Entscheide in Deinem Sinn ausfallen. In einer echten Demokratie steht das Stimmvolk an höchster Stelle und kann entsprechend entscheiden. Du bist wohl bestenfalls ein Fan von Demokratiesimulationen – schlechten Demokratiesimulationen …

  23. @ali: Ich habe gerade von einem Deiner Universitätskollegen etwas mehr über Dich erfahren – im Ergebnis *plonke* ich Dich. Sinngemäss empfahl mir Dein Universitätskollege, den Ali-Troll nicht mehr zu füttern. Mach’s guet! :)

  24. Das Thema von Ali ist doch glasklar: Er bekennt sich zu Demokratie, versteht darunter aber eher Konsultation als Bestimmung durch das Volk. In seiner Demokratie steht das Volk nicht oben in der Pyramide, sondern muss sich einen Rechtsstat vor die Nase setzen lassen, in dem unfehlbare ‚Experten‘ aus Elfenbeinturm, Geldadel und Medienkluegel bestimmen, was richtig ist und was nicht. Ali bekennt sich oeffentlich zur EU und moechte die Schweiz darin aufgehen lassen. Das zeigt seine Vorstellung von Demokratie. Auch dazu passt seine Idee von Meinungsfreiheit. Andere Meinungen sind so falsch, dumm, usf. dass er sein ueberlegenes Denken gar nicht dafuer einsetzen moechte. Vielleicht ein Minderwertigkeitskonflikt, mit so einem Namen ist es selbst im stark islamisierten Genf vermutlich nicht leicht. Oder einfach ein Intellektueller, der daran verzweifelt, dass die Mehrheit seine scheinbare Intelligenz nicht wahrnehmen will und ihn nicht mit Anerkennung, Ruhm und Reichtum zuschüttet. Ich halte Ali fuer einen Troll. Ich fuettere ihn aber gern. Dann macht er nichts Duemmeres.

  25. @Ronnie Grob: In Ordnung, soll nicht mehr vorkommen.

    @Ali: Bist Du bei Gelegenheit in Zürich? Vielleicht können wir ja einige Themen im direkten Kontakt sinnvoller diskutieren – online funktioniert’s offensichtlich nicht.

  26. @Ali
    Du sprichst von einem „laizistischen Staat“. Nenne mir bitte nur einen wahrhaft funktionierenden „laizistischen Staat“. Es gibt keinen.
    Du meinst Frankreich? – Warum empfängt dann Sarkozy nach der Krise zur „moralische Erneuerung“ der Nation den Papst im Elysee-Palast und nicht Imame aus den Banlieus? Es wäre doch aus laizistischer Sicht wesentlich logischer!
    Du meinst USA? – Warum wird dann Obama auf der Bibel von Abraham Lincoln vereidigt und nicht auf dem Koran? Er hätte doch ein grosses Zeichen setzen können, wenn der Staat so laizistisch ist.
    Du meinst die Türkeì? – Warum schwadroniert dann Erdogan von Minaretten als Bajonetten und Kuppeln als Helmen und Gläubigen als Soldaten? Warum werden in der Türkei Christen erschossen?
    Der „laizistische Staat“ ist ein Reissbrettkonstrukt der idealistischen Staatstheorie. In der Praxis hat jeder Staat eine religiöse Leitkultur. Die Schweiz ist ein über 700jähriges Erfolgsmodell, gerade weil die Eidgenossenschaft eine christliche Veranstaltung ist, konnten die Prediger immer wieder korrigierend in den Staat eingreifen. Schon im Pfaffenbrief 1370 wurden die Rechte des Geistlichen Standes eingeschränkt. Bruder Klaus stiftete die Einigkeit unter den Eidgenossen 1481, Zwingli verpflichtete die Zürcher auf den Verzicht des Söldnerdienstes ab 1520er Jahren, was zum Grundstein des Wohlstandes der Stadt wurde, Calvin beschränkte in Genf die kapitalistischen Gewinne und schuf so die Grundlage für einen nachhaltigen Bankenplatz. Die christliche Ethik war oft Richtschnur in den Beschlüssen der Eidgenossen. Die Schweizerische Eidgenossenschaft begeht noch als ältesten Nationalfeiertag den „Eidgen. Dank-. Buss- und Bettag“. Lieber Ali, informiere Dich einmal gründlich über die Schweiz, ihren Staatsaufbau (von unten nach oben)ihre Geschichte 1291 – 1515 (Heldenzeit) 1525 – 1798 (konfessionelles Zeitalter: 13örtige Eidgenossenschaft) 1798 – 1848 (Franzosenzeit (bis 1803) Mediationsverfassung Napoleons, Restauration, ab 1830 Regeneration, erfolgreiche liberale Revolution 1847 (im Hochland fiel der erste Schuss)einzige demokratische Republik auf dem Kontinent seit 1848. Du wirst sehen, dass Religion und Staat sich in der Schweiz viel stärker wechselseitig durchdringen als in Deutschland, das seinen evangelischen Buss- und Bettag dem schnöden Mammon opferte. Die Deutschen sind ein metaphysisch-ideologisches Volk und immer die Klassenersten: im Glaubenseifer: Luther der Klassenerste, im Nationalismus der wilhelminischen Epoche: die Klassenersten, im Rassismus Hitlers: die Klassenersten, im Faschismus: die Klassenersten, im bewaffneten Antifaschismus: die Klassenersten (RAF), im realexistierenden Sozialismus: die Klassenersten. Die Deutsche Geschichte ist eine Abfolge ideologischer Amokläufe. Der derzeitige Amoklauf Deutschlands ist die „Lust am demütigen Einknicken“. Wir Schweizer haben uns über die Jahrhundert angewöhnt von den deutschen Impulsen das Positive zu nehmen und cool zu warten, bis sich der neue deutsche Wahn wieder totgelaufen hat. Während des 30jährigen Krieg schon neutral, profitierten wir vom Deutschen Elend, nach 1648 schickten wir Siedler in die verwüsteten Landschaften mit verödeten Bauernhöfen (eine Familie Honecker aus dem Zürcher Oberland sollte noch nach 1950 einen berühmten Vertreter in der DDR haben), wir kopierten das preussische Wehrwesen, ohne aber damit bis nach Stalingrad vorzudringen, sondern immer nur brav die Grenzen zu schützen, wir profitierten von der Unterdrückung des Liberalismus in Deutschland, indem Büchner, Wagner, Semper in die Schweiz flohen. Hitler bescherte uns von 1938 bis 1945 die einzige freie Bühne, auf der wir Schillers „Wilhelm Tell“ aufführen konnten, als er in Deutschland schon verboten war. Derzeitig profitieren wir vom grausamen Deutschen Fiskalstaat und der Bürokratie in Deutschland: viele Deutschen die eine gute Geschäftsidee haben reisen mit Personenfreizügigkeit in die Schweiz und melden hier Patente an, gründen Firmen, finden Investoren, während in deutschen Landstrichen der Wolf wieder heimisch wird.
    Und bezüglich der Minarette: hier wollen die Deutschen wieder die Klassenersten sein, Grossmoscheen sollen gebaut werden dürfen, Gegendemonstrationen werden verboten, Volksabstimmungen gibt es nicht. Der teutonische Michel, dieser biedere Untertan soll das Klassenziel „Toleranz-Weltmeister“ erreichen. Wir Schweizer sagen: ume gäng nid gsprängt: Diese Minarette ärgern uns und wir haben die Mittel sie zu verhindern und wir müssen auch in der Toleranzfrage nicht mit den Deutschen wetteifern: wir lassen sie gern gewinnen. wie wir sie alleine nach Stalingrad rennen liessen, alleine den 30jährigen Krieg ausfechten, alleine den wilhelminischen Nationalwahn in der Blutmühle von Verdun ausjassen. Wenn der Teutone rast, so lass ihn rasen, wenn er den Kopf wieder mal gegen eine Wand gewuchtet hat, kommen wir dann schon mit dem „roten Kreuz“ mit der Kinderhilfe für ausgebombte Kriegswaisen. Kurzum schon Luther brachte die Sache 1528 auf den Punkt: „Ihr habt einen andern Geist“. So ist es. Und seit es Auerochsen gibt in Deutschen Landen, hat ein Teutone einen Eidgenossen kaum verstanden.

  27. @uertner
    Ich habe mich auf diese Passage von dir bezogen:

    calvinistische Trennung von Staat und Kirche vorgenommen haben (Genf, Waadt, Neuenburg)

    Ich glaube in dem Punkt sind wir uns also einig. Ich glaube auch nicht, dass es einen wirklich laizistischen Staat gibt. Am nächsten dran wären wohl Frankreich und die USA.

    Ich habe auch nur ein paar Beispiele herausgepickt um zu zeigen, dass nicht alles zu so klaren Schlussfolgerungen führt wie es von deinem Kommentar teilweise scheint. Ich habe im Moment keine Zeit mich auf eine historische Debatte einzulassen (abgesehen davon ist eine Debatte schwierig bei diesem gewaltigen Bogen den du spannst. Ich wüsste gar nicht wo anfangen, es stecken soviele Thesen und Annahmen dahinter die man einzeln diskutieren müsste).

    Ich glaube auch, dass uns dies zu weit vom Thema entfernt und warum habe ich schon geschrieben:

    denn es geht im Grunde gar nicht darum, ob der Entscheid erklärbar ist (das ist er bestimmt irgendwie). Es geht darum, dass man heute in der Verfassung nicht eine spezifischen religiöse Gruppe explizit einschränken kann ohne dabei fundamentale Rechtsprinzipien zu verletzen.

  28. @Ali
    zu deinem ersten Zitat: Als Teutone kennst du Calvin nur in der Hass-Version des verzweifelten deutschen Kulturjuden Stefan Zweig: das ist leider bis heute der bildungsbürgerliche deutsche Konsens: da werde ich gegen Beton in deinem Kopf anrennen.

    Zu deinem zweiten Zitat: Gerade weil der laizistische Staat eine Utopie ist wird jede funktionierende Gesellschaft eine Hackordnung in den „freien Religionen“ kennen. Bis vor kurzem war das bei den Eidgenossen so: 1. Protestantische Leitkultur, 2. die Katholiken als historische Brüder (Kappeler Milchsuppe) 3. seit 1866 das Judentum, dem man aber gleich das Schächten verboten hat (1893 mit der ersten Volksinitiative).
    Die Utopie für Dummköpfe, die Du vorschlägst ist: alle gleich. Das geht im Himmel aber nicht auf Erden. Ergo wird sich die gewaltbereiteste, demografisch vitalste Glaubensrichtung durchsetzen: der Islam.
    Der Schweizerische Souverän („das Volk“, wir leben in einer Volksherrschaft und sind nicht ein Verwaltungsbezirk der EU) hat beschlossen: wehret den Anfängen. Wir haben die direkte Demokratie: nutzen wir sie, das ist ein „gewaltfreies“ Instrument. Nun werden sich unter den Muslimen die Böcke von den Schafen scheiden: wer mit uns die demokratische Kultur weiterentwickeln will, wird sich ruhig halten, wer sein „Kalifat Helvetien“ schwinden sieht, der wird gewalttätig werden, denn Allah gibt ihm eine Myriade von Suren mit in den blutigen Kampf.

  29. Hier noch ein hypothetisches Beispiel als Denkanstoss:

    Angenommen, eine Religion gehe davon aus, dass man ihrem Gott nur huldigen kann, indem man mit selber aus Lianen gefertigtem Seil von einem hohen Turm runter springt und dabei Gottes Urteil erkennt, weil regelmässig ein paar Teilnehmer verunfallen und selten sogar an Genickbruch sterben.

    a) Lassen wir es zu, dass sie dieses objektiv gefährliche Ritual regelmässig hier praktizieren?

    b) Lassen wir es zu, dass sie den Sprungturm bauen, welcher im übrigen genau wie ein gewöhnlicher Kirchturm mit Uhr und Glocken aussieht.

  30. > „Es gibt also Probleme mit der Integration des Islams (einer Religion die weder die Reformation noch die Aufklärung durchlebt hat) in das helvetische Staatskunstwerk.“

    Imho ging es gar nicht wirklich um die Minarette, sondern um die praktischen Fragen der Integration , z.B.

    – Wenn ein Lehrer vom muslimischen Vater einer am Skilager teilnehmenden Tochter ermordet wird und geflüchtet ins Ausland nur eine symbolische Strafe verbüsst.

    – Wenn es als legal angesehen wird, dass Töchter zur Zwangsverheiratung ins Ausland verbracht werden.

    Nur anhand der konkreten Probleme kann man konkret die Integration bewerkstelligen.

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