Ein Ja zu Experimenten

Es gibt einen, der bloggt und twittert, der die Idee einer regelmässigen Web-TV-Sendung mit dem traditionellen Fernsehen kreuzte und der dazu seit bald zehn Jahren Präsidiumsmitglied beim Verband Schweizer Presse ist. Trotz seiner rund 60 Jahre nimmt er als einer der wenigen der Schweizer Printbranche das Internet in die Hand und probiert aus, was geht und was nicht. Norbert Neininger sein Name, Chef der «Schaffhauser Nachrichten», Ideengeber für «Tele Blocher». Man könnte ihn für einen wahren Netzbürger halten, wenn er nicht mitunter Absurdes gut finden würde wie das Vorgehen der japanischen Zeitung «Nikkei», die sich wünscht, man solle sich vor dem Verlinken ihrer Online-Inhalte eine Erlaubnis einholen.

Erstaunlich ist, dass er inzwischen genau das macht, was er bei «Google News» noch 2008 mit den Worten «Die Copyright-Rechtslage ist klar: Was Google macht, ist illegal. Da gibt es gar keine Diskussion.» anprangerte. Denn sein Blog «Neiningers Tagebuch» besteht fast ausschliesslich aus nahezu unkommentierten Fotos von Inhalten aktueller Sonntagszeitungen. Und auch die News1 AG, als Generalangriff auf «Google News» gestartet, betreibt nun wie Google ein Portal, das ohne Journalisten produziert wird. Die beiden Mitarbeiter wurden kürzlich entlassen, das Portal auf Aggregation umgeschaltet.

Doch Neininger versucht etwas. Während andere aus der Printbranche tatenlos ihrem nahenden Untergang zusehen, sich darüber beklagen und Geld fordern für ein Geschäftsmodell, das seine Zeit überlebt hat. Tom Rosenstiel vom Project for Excellence in Journalism riet den Zeitungsverlegern kürzlich: «Machen sie Experimente, und trauen Sie sich, auch mal zu scheitern! Versuchen Sie nicht eine Sache, versuchen Sie zehn. Denn sieben werden sicherlich danebengehen.» Jenen, die das nicht tun, prophezeite er, dass sie mit den Neuheiten, die dieses Feld erobern, nicht mehr Schritt halten werden können.

Wer etwas, zum Beispiel das Internet, verstehen will, muss sich damit befassen, eigenhändig, nicht outgesourct. Aber Vorsicht: Bei diesem Prozess könnte es zu Meinungsänderungen kommen.

Dieser Artikel erschien im Pressespiegel von mediaforum.ch, den man hier per E-Mail abonnieren kann.


Kommentare

5 Antworten zu „Ein Ja zu Experimenten“

  1. nun, dass er es wenigstens probiert, ist nur deswegen rühmenswert, weil es alle anderen nicht tun. schaut man genauer hin, ist sein blog eine mittlere katastrophe und es ist seit einem jahr null lernprozess erkennbar. dass er nicht mal ein anständiges impressum hinkriegt, zeigt wie ernst er die sache nimmt. ganz zu schweigen vom unterirdischen kontent. für einen chefredaktor, verleger und chefpublizist im verband schweizer presse ist das eine himmeltraurige performance.

  2. Mal abgesehen von toll oder unterirdisch.

    Ich bin Anfang 50 und mache gerade wieder die Erfahrung, daß man in diesem Alter sogar viel eher etwas ausprobiert. Die Zweifel und das mangelnde Selbstbewußtsein sind verschwunden oder haben sich in Bereiche verlagert, die nichts mehr mit Außenwirkung zu tun haben. Es macht Spaß, sich noch mal neu zu erfinden und etwas anzufangen, von dem man nicht genau wissen kann, was daraus wird. Da ist viel Spielen, Ausprobieren und Frechheit dabei.
    Ich bin keineswegs abgesichert, habe statt dessen gerade eine schwierige Zeit – und dennoch großes Vergnügen dabei, Neues anzufangen.

    Vielleicht bin ich aus diesen Gründen über Dein trotzdem gestolpert. Ich hätte wegen geschrieben ,)

  3. @vera: Genau das wünsche ich mir von allen, egal, ob 19 oder 59. Man muss sich aber auch immer wieder etwas zwingen, selbst aktiv auf Neues zugehen. Manchmal ist es halt schon bequemer, neues einfach nur neu sein zu lassen.

  4. Dann sollte man aber so fair sein, Neues nicht zu verteufeln, und schon gar nicht eine Kampagne wie die derzeitige vom Zaun zu brechen…

  5. nun, dass er es wenigstens probiert, ist nur deswegen rühmenswert, weil es alle anderen nicht tun. schaut man genauer hin, ist sein blog eine mittlere katastrophe und es ist seit einem jahr null lernprozess erkennbar. dass er nicht mal ein anständiges impressum hinkriegt, zeigt wie ernst er die sache nimmt. ganz zu schweigen vom unterirdischen kontent. für einen chefredaktor, verleger und chefpublizist im verband schweizer presse ist das eine himmeltraurige performance.

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