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Realität wird mit KI neu definiert

Bereits 2014 mahnte Unternehmer Elon Musk, mit Künstlicher Intelligenz (KI) nicht leichtfertig umzugehen: «Ich denke, wir sollten sehr vorsichtig mit künstlicher Intelligenz sein. Wenn ich raten müsste, was unsere grösste existenzielle Bedrohung ist, dann wahrscheinlich das.»

Womöglich dachte Musk hier eher langfristig, und stellte die Gefahr einer Selbstauslöschung der Menschheit durch KI-Technologien ins Zentrum. Die Gefahr für den einzelnen Bürger durch KI stellt sich heute aber zuerstmal anders dar.

Er wird überwacht und manipuliert, und das zumeist ohne, dass er es bemerkt. Die meisten bewegen sich ja weiterhin ziemlich ungeschützt im Internet, was es Firmen, Geheimdiensten oder Kriminellen sehr einfach macht, sie in die gewünschte Richtung zu nudgen, zu manipulieren, und Wissensvorteile über sie zu erlangen.
Der Ausweg besteht darin, dass Kryptografie breiter eingesetzt und genutzt wird. Beispielsweise mit Werkzeugen wie Threema, Signal, HTTPS oder uBlock (unser Dossier zum Thema).

Der Normalnutzer sieht sich bezüglich Wissen im Hintertreffen. Während die Big-Tech-Firmen (und damit auch die Regierungen) von Jahr zu Jahr mehr über ihn wissen, weiss er von Jahr zu Jahr weniger über sie. Es ist ein Ungleichgewicht von Wissen und damit auch von Macht entstanden, wie es zuletzt vor der Reformation existierte.
Der Ausweg besteht darin, dass der Quellcode von allem, was programmiert wird, für alle einsehbar ist: Open Source Everything heisst die Lösung. So wie die Bibel für alle zugänglich und lesbar wurde, muss auch der Quellcode für alle zugänglich und lesbar werden. Das hilft dem Normalnutzer auf kurze Frist wenig. Doch auf lange Frist wird ihn diese Transparenz auf Augenhöhe zurückbringen.

Der dritte Punkt betrifft das Verschwimmen von dem, was wir als Realität wahrnehmen. Dieses Video mit Schauspieler Morgan Freeman, publiziert im Sommer 2021, zeigt sehr schön auf, was bereits möglich ist mit Deep Fakes, also der Vorspiegelung einer Realität, die so nicht existiert. Es wird nicht mehr lange dauern, bis solche Methoden aktiv für konkrete politische oder wirtschaftliche Ziele eingesetzt werden.
Der Ausweg besteht darin, dass die Realität überprüft und so alle Zweifel ausgeräumt werden können – also im vorliegenden Fall die Frage beantwortet wird, ob in diesem Video der reale Morgan Freeman zu sehen ist oder nicht. Frei zugänglich abgelegte Informationen auf der Blockchain – ein Konzept, das 2009 mit Bitcoin in die Welt gekommen ist – werden bei dieser Prüfung eine wichtige Rolle spielen.

Mit der KI-Software ChatGPT gibt es nun einen Gesprächspartner, der jede mögliche Frage innert Sekunden beantwortet – nicht immer richtig, aber oft sehr brauchbar und erstaunlich konzise. Diese neue Welt steht vor der Tür, und sie wird uns alle überfordern, aber auch unendlich bereichern. Die Macht, die jetzt noch in den Händen weniger Programmierer, Konzerne und Regierungen liegt, muss verteilt werden. Nur eine dezentralisierte, föderalisierte und verschlüsselte Welt bringt die Macht zurück zum Individuum.

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Unternehmer Musk investiert in Meinungsfreiheit

Die Medien sind in diesen Tagen erneut gut gefüllt mit Analysen, weshalb Elon Musk, der derzeit reichste Mann und einer der erfolgreichsten Unternehmer der Welt, so ungefähr alles falsch macht beim Kauf des Kommunikationsdiensts Twitter.

Noch vor wenigen Monaten waren sie fest davon überzeugt, dass ihm die Übernahme nicht gelingen wird: «Elon Musk lässt Twitter-Deal über 44 Milliarden Dollar platzen», wusste der «Blick», und die «NZZ am Sonntag» schrieb: «Es ist bemerkenswert, dass er, der mit Tesla und der SpaceX zwei grosse und komplexe Unternehmen führt, sich in eine solche Situation manövrieren konnte. Aber vielleicht war Musk ja geistig umnachtet.»

Nun ja. Wer Musk schon mal länger zugehört hat, weiss, dass es in seinem Kopf taghell ist. Der Mann ist nicht nur ein grosser Visionär und Unternehmer, sondern auch mit Humor beschlagen. Als die sozialistische US-Politikerin Alexandria Ocasio-Cortez sich auf Twitter darüber lustig machte, dass er als Milliardär ernsthaft versuche, den Leuten die Idee zu verkaufen, dass «freie Meinungsäusserung» ein Twitter-Abo für 8 Dollar pro Monat bedeute, antwortete er trocken: «Ihr Feedback wird geschätzt, zahlen Sie jetzt 8 Dollar». Musks Plan ist wohlgemerkt, lediglich Konten, die mit einem blauen Haken verifiziert sind, zu einer monatlichen Zahlung zu verpflichten. Wer keinen solchen Haken will, soll weiterhin frei auf Twitter publizieren und lesen können.

Dass Musk für die Meinungsäusserungsfreiheit einsteht, halte ich für unbestritten. Natürlich muss man zuerst immer mal abwarten, was einer tut, doch ich halte Äusserungen wie «Ich hoffe, dass selbst meine schlimmsten Kritiker auf Twitter bleiben, denn das ist es, was Redefreiheit bedeutet» für glaubwürdig. Im Dienste der Meinungsfreiheit wolle er, so twitterte er heute, auch das Konto @ElonJet, welches die Bewegungen seines Flugzeugs verfolgt und publiziert, nicht sperren – selbst wenn das ein persönliches Sicherheitsrisiko darstelle.

An sich sollte ja der Anspruch, die Freiheit der Rede auf einer Plattform auszubauen und auch verfeindete Lager dazu zu bringen, miteinander zu reden, nicht nur von allen Journalisten bejubelt werden, sondern von allen Freunden der freiheitlichen US-Verfassung. Und doch hört man fast nur Bedenken, Vorbehalte, Zweifel.

Ob Musk viel zu viel bezahlt hat für Twitter, wie nun alle zu wissen glauben, bleibt abzuwarten. Als Google 2006 den damals riesigen Betrag von 1,65 Milliarden US-Dollar für YouTube zahlte, schrieb die «NZZ am Sonntag»: «Wie die User reagieren, wenn nun kommerzielle Werbung vor ihre selbstgemachten Clips geschaltet wird, lässt sich nur schwer abschätzen. Wandern sie ab, droht Google ein Abschreiber in Milliardenhöhe.»

Zweifelten die Bedenkenträger damals, ob ein Einstieg ins Werbegeschäft gut komme, zweifeln die Bedenkenträger heute, ob ein Ausstieg aus dem Werbegeschäft gut komme.

Zum guten Glück gibt es Unternehmer, die Bedenken wegwischen und machen – und dabei das Risiko, zu scheitern, in Kauf nehmen.

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