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Die Journalisten und das Herrschaftswissen

Journalismus hat die Aufgabe, die Mächtigen zu hinterfragen. Doch die Reaktionen auf „Wikileaks“ zeigen das Gegenteil: Viele Journalisten stellen sich schützend vor die Mächtigen. Zählen sie sich dazu?

Seit wir die Dunkelheit des Mittelalters verlassen haben, in dem Glauben und Aberglauben das im Vergleich zu heute spärlich vorhandene Wissen beherrschten, streben wir nach Wissen, nach mehr Wissen. Die Geschichte hat gezeigt, dass Glauben und Nichtwissen meistens Stillstand bedeutet, Wissen hingegen Fortschritt mit sich bringen kann.

Unterwerfung Heinrichs des Löwen vor Kaiser Friedrich I. Barbarossa in der Erfurter Peterskirche im Jahre 1181
Bild: Unterwerfung Heinrichs des Löwen vor Kaiser Friedrich I. Barbarossa in der Erfurter Peterskirche im Jahre 1181, Commons

Wer Macht innehat, neigt dazu, Wissen zu monopolisieren – im Bewusstsein, dass Wissen Macht ist. Man nennt das Herrschaftswissen. Die exzellente, weltweite Wikipedia versucht das Gegenteil zu erreichen: Nämlich durch solidarische Arbeit das allgemeine Weltwissen eines Tages auch noch dem ärmsten Bürger in der unbekanntesten Sprache kostenlos zur Verfügung zu stellen (Richtig, Wikipedia ist nicht immer vollständig korrekt. Aber sehr viel informativer als gar nichts.)

Herrschaftswissen ist weit verbreitet:

  • Es gibt Ehemänner, die nicht wollen, dass ihre Frau lesen und schreiben lernt, weil sie so ihre Abhängigkeit ihm gegenüber in Frage stellen könnte.
  • Es gibt Politiker, die nicht wollen, dass ihre Bürger genau wissen, was sie machen, weil sie so ihre Gunst in Frage gestellt sehen.
  • Und es gibt Journalisten, die nicht wollen, dass Geheimnisse, die Politiker vor Bürgern bewahren wollen, publik gemacht werden.

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Intellektuellenranglisten

Umfrage tagesanzeiger.ch
Bild: Screenshot tagesanzeiger.ch

So sieht sie also aus. Die Liste der 12 klügsten Menschen in der Schweiz.

Nun gut, sowas kommt raus, wenn das Boulevardportal tagesanzeiger.ch so eine Umfrage organisiert. Was nicht heisst, dass eine solche Ausmarchung nicht gemacht werden dürfte – der Unterhaltungswert ist sowohl auf dem Schulhof als auch im Internet recht hoch. Wobei vielleicht auf dem Schulhof eher der Dümmste ausgerechnet würde – das hat für alle, die dann nicht oben stehen, einen noch viel höheren Unterhaltungswert.

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Leicht zu beeinflussen: Marianne Gilgen

Marianne Gilgen ist seit April 2008 Redaktionsleiterin der politischen Diskussionssendung „Arena“, seit 2001 arbeitet sie als Redakteurin und Produzentin der SF-Sendung mit. Fehlende Erfahrung hatte also nichts damit zu tun, als sie dem „Tages-Anzeiger“ zur Besetzung der Sendung vom 18. September 2009 sagte:

„Der Generalsekretär der FDP hat mir mitgeteilt, er halte Köppel für keine gute Idee, und er hat mir zu verstehen gegeben, Herr Burkhalter werde nicht teilnehmen, falls Roger Köppel dabei sei.“

Und:

„Wenn ich an diesem Tag die Wahl habe zwischen dem neu gewählten Bundesrat und Herrn Köppel, dann fällt meine Wahl halt auf den Bundesrat.“

Kurz zum besseren Verständnis, die Akteure: Didier Burkhalter ist der am 16. September neugewählte Bundesrat – es ist gut möglich, dass er mit dem Fall gar nichts zu tun hat. Roger Köppel ist Chefredakteur und Inhaber der Wochenzeitschrift „Weltwoche“. Er wurde von Frau Gilgen „provisorisch“ als Diskussionsteilnehmer in die Sendung eingeladen – und dann wieder ausgeladen. Der Grund liegt beim FDP-Generalsekretär Stefan Brupbacher, der „seinen“ neuen Bundesrat nur teilnehmen lassen wollte, wenn Köppel der Sendung fernbleibt – was ihm gelungen ist.

Bedingungen zu stellen ist legitim, man kann das ja versuchen. Doch wenn eine Redaktionsleiterin tatsächlich bereit ist, über solche Bedingungen zu diskutieren und Teilnehmer Einfluss auf die Gästeliste nehmen lässt, dann ist sie schlicht in der falschen Position. In eine Sendung lädt man zu einem Thema ein – und dann kommt, wer kommen kann und will. Dass keine untragbaren Gäste eingeladen werden, dafür sorgt die Redaktionsleitung.

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