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Schweizer Journalistengewerkschaften beklagen sich über die Pressefreiheit

Steinigt ihn, er hat eine Frage gestellt!
Die Schweizer Mediengewerkschaften SSM, syndicom und impressum beklagen sich über einen Journalist, der sich erlaubt, Fragen zu stellen.

Darf ein Reporter Fragen stellen? Die Schweizer Journalistengewerkschaften sind dagegen.Schweizer Mediengewerkschaften protestieren, weil sich eine Zeitschrift erlaubt hat, per E-Mail einigen bei der öffentlich-rechtlichen SRG angestellten Redaktoren Fragen zu stellen.

Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, verschickten sie heute Mittwochmorgen per E-Mail einen Brief (PDF-Datei) an ihre Medienverteiler, also an ungefähr alle Deutschschweizer Journalisten. Online findet sich ein Hinweis auf den Protest nur bei SSM, dem Syndikat Schweizer Medienschaffender. Bei Syndicom und impressum scheint man zurückhaltender vorzugehen (oder aber die Solidarität mit dem augenscheinlich federführenden SSM bereits wieder aufgekündigt zu haben).

Im Brief zu lesen ist zum Beispiel das:

Die Weltwoche hat einer Anzahl von Journalisten in der SRG per Email Fragen nach deren persönlichem politischem Hintergrund gestellt (Fragen siehe unten). Das Ziel ist klar: Mit einer unklaren Art von Umfrage sollen die Journalisten der SRG als „links“ diffamiert werden.

Die Weltwoche greift damit in die Privatsphäre und die verfassungsmässig garantierten Freiheitsrechte der Journalisten ein. Sie macht die falsche Gleichung, dass jeder Journalist seine professionelle Arbeit nach seinen persönlichen politischen Präferenzen ausrichtet. Wir fragen: wo sind da die Grenzen? Müssen sich in Zukunft Journalisten auch über ihre Religion ausweisen, weil auch religiöse Fragen Gegenstand der journalistischen Arbeit sind?

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Max Frisch vs. Kurt Furgler 1978

Wann haben Sie zuletzt eine Sendung gesehen …

… in der ein Schriftsteller, explizit in seiner Rolle als „Staatsbürger“ …

… mit einem Exekutivpolitiker, der sich explizit zur direkten Demokratie bekennt …

… eine Stunde lang über Poesie und Politik spricht? (Max Frisch zu Kurt Furgler: „Sie müssen Massnahmen ergreifen. Die Poesie muss keine Massnahmen ergreifen.“)

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“Peppige Spass-Produktionen mit Celebritys”

Nach dem Generaldirektor Roger de Weck kürte die SRG nun auch den “Superdirektor”. Er heisst Rudolf Matter, ist 56 Jahre alt und hat bisher noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag. Ihm fällt als Direktor über Radio und Fernsehen eine Medienmacht in die Hände, wie sie kaum ein anderer hierzulande hat.

Die Woche vor der Verlautbarung schrieb der Medienkolumnist der “Weltwoche”, Kurt W. Zimmermann, es blieben nur zwei übrig für diesen Job. Einerseits Filippo Leutenegger, “FDP-Nationalrat”, andererseits Ueli Haldimann, “eine eher linke Socke”. Beide wurden es nicht. Nun ja, man kann sich irren.

Interessanter sind aber die Sätze von Zimmermann, warum er für den Kandidaten Haldimann einsteht: “hat Ahnung vom Geschäft und vor allem vom Boulevard”, “fiel mit publizistischen Provokationen positiv auf”, “hatte schon immer ein populistisches Flair”, “nur Populismus bringt die Quoten wieder hoch”, “wir wollen nur ein knalligeres Programm”. Und er behauptete: “Das Publikum erwartet peppige Spass-Produktionen mit Celebritys, Comedy, Spannung und Hoch-das-Bein. In der Information müssen populärere Themen her, mehr harte Recherchen und weniger konkordanter Kuschelfunk.”

Ausser der Forderung nach harten Recherchen ist das alles Quatsch. Ein gebührenfinanziertes Fernsehen muss eben nicht Quote bringen. Es muss das liefern, was das private Fernsehen nicht liefert: Information, Kultur, Programme für Minderheiten, Journalismus. Also jene Nachfrage abdecken, die der Markt nicht selbst zu produzieren imstande ist.

Die Rechnung geht leider nicht auf: Das kleine Verbreitungsgebiet und die gesetzlichen Einschränkungen führen dazu, dass offenbar kein nationaler Privat-TV-Sender gewinnbringend bestehen kann. Also sind die gebührenfinanzierten Programme dazu gezwungen, alles zu liefern, auch das “Hoch-das-Bein”. Gefordert sind die Politiker, die irrsinnigen Hürden abzubauen. Immerhin kann, zum Beispiel mit Ustream.tv, jeder 24 Stunden live senden, wenn er das will. Was Privatfernsehen ziemlich nahe kommt.

Die Deutschschweiz läuft Gefahr, in Medienmonopole zu schlittern. Es gibt nur eine nationale Nachrichtenagentur. Es gibt nur einen nationalen TV-Sender. Es gibt nur ein nationales Radio. Es gibt nur eine Handvoll Zeitungsverlage. Am Schluss gibt es vielleicht nur noch einen Superdirektor für alles. Zum Glück gibt es das Internet.

Dieser Artikel erschien im Pressespiegel von mediaforum.ch, den man hier per E-Mail abonnieren kann.

Leicht zu beeinflussen: Marianne Gilgen

Marianne Gilgen ist seit April 2008 Redaktionsleiterin der politischen Diskussionssendung „Arena“, seit 2001 arbeitet sie als Redakteurin und Produzentin der SF-Sendung mit. Fehlende Erfahrung hatte also nichts damit zu tun, als sie dem „Tages-Anzeiger“ zur Besetzung der Sendung vom 18. September 2009 sagte:

„Der Generalsekretär der FDP hat mir mitgeteilt, er halte Köppel für keine gute Idee, und er hat mir zu verstehen gegeben, Herr Burkhalter werde nicht teilnehmen, falls Roger Köppel dabei sei.“

Und:

„Wenn ich an diesem Tag die Wahl habe zwischen dem neu gewählten Bundesrat und Herrn Köppel, dann fällt meine Wahl halt auf den Bundesrat.“

Kurz zum besseren Verständnis, die Akteure: Didier Burkhalter ist der am 16. September neugewählte Bundesrat – es ist gut möglich, dass er mit dem Fall gar nichts zu tun hat. Roger Köppel ist Chefredakteur und Inhaber der Wochenzeitschrift „Weltwoche“. Er wurde von Frau Gilgen „provisorisch“ als Diskussionsteilnehmer in die Sendung eingeladen – und dann wieder ausgeladen. Der Grund liegt beim FDP-Generalsekretär Stefan Brupbacher, der „seinen“ neuen Bundesrat nur teilnehmen lassen wollte, wenn Köppel der Sendung fernbleibt – was ihm gelungen ist.

Bedingungen zu stellen ist legitim, man kann das ja versuchen. Doch wenn eine Redaktionsleiterin tatsächlich bereit ist, über solche Bedingungen zu diskutieren und Teilnehmer Einfluss auf die Gästeliste nehmen lässt, dann ist sie schlicht in der falschen Position. In eine Sendung lädt man zu einem Thema ein – und dann kommt, wer kommen kann und will. Dass keine untragbaren Gäste eingeladen werden, dafür sorgt die Redaktionsleitung.

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