Elitisten küren Roger de Weck zu ihrem Papst

Eine intransparente Wahl spült Roger de Weck an die Spitze der SRG. Die Klagen über ein politisch links dominiertes Fernsehen und Radio werden jetzt erst recht hochkochen. Zeit für eine Alternative.

Roger de Weck war in den 1990er-Jahren Chefredakteur von „Tages-Anzeiger“ und der „Zeit“, zuvor schrieb er für die (damals noch links ausgerichtete) „Weltwoche“. Seit einigen Jahren zieht er seine Fäden nur noch im Hintergrund, sitzt auf Podien, redet in Fernsehsendungen, schreibt Kolumnen, prangert den Kapitalismus als „Religion“ an. Kurz: Er macht etwa das, was Frank A. Meyer macht, der grosse, alte Löwe unter den Schweizer Salonsozialisten. Nun wird er Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG.

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Roger de Weck (links) mit Medienminister Moritz Leuenberger (Bild: CC Flickr ecumenix)

Nicht Generaldirektor wird der Bürokrat Hans-Peter Rohner. Und auch nicht die fernseherfahrenen Roger Schawinski und Filippo Leutenegger. Schawinski hatte übrigens kein Interesse am Job, denn:

Ein SRG-Generaldirektor hat nur zwei wichtige Aufgaben: Gebühren erhöhen und ihm genehme Direktoren für Radio und Fernsehen portieren.

Generaldirektor wird ein Publizist, ein Journalist. Was tatsächlich erfreulich ist, wenn er denn die Finanzen im Griff hat. Zur Erinnerung: Gesucht wurde eigentlich „in erster Linie eine aussergewöhnlich führungsstarke Persönlichkeit mit breit abgestützter betriebswirtschaftlicher Fachkompetenz; erst in zweiter Priorität stehen Radio-, Fernseh- und Multimediaerfahrung“. Am Rande: Die überraschende Wahl von de Weck hat gezeigt, dass etablierte Journalisten so wenig Ahnung von richtigen Kandidaten haben wie Blogger.

Seit Jahren (seit Jahrzehnten?) gibt es den Vorwurf, das Schweizer Radio und das Schweizer Fernsehen seien eher zu linkskonservativ oder zu linksliberal. Stimmen dagegen, die beklagen, SR und SF seien zu rechtskonservativ oder zu rechtsliberal, sind, extreme Positionen ausgeschlossen, kaum je zu hören (Widerspruch gerne in die Kommentare). Mit Roger de Weck an der Spitze der SRG erhält dieser Vorwurf neue Nahrung. Zurecht, denn de Weck ist nur einer der ungezählten Schweizer Journalisten, die durch ihre rigorose Ablehnung der Opposition den Aufstieg der SVP herbeigeschrieben haben (der Wähleranteil stieg von rund 10 auf rund 29 Prozent), siehe dazu auch den Artikel „Blochermania“ (netzwertig.com, Dezember 2008).

Es ist an der Zeit, dass sich neben der „Weltwoche“ im Printbereich im Audio- und Videobereich eine oder noch besser mehrere Alternativen bilden, jenseits von SVP-TV, Tele Züri oder Alternativradios. Da die Gründung von neuen Radio- und TV-Sendern aber aufgrund der hohen Kosten im kleinen Land und der Überregulierung durch Gesetze kaum oder nicht erfolgsbringend möglich ist, bleibt als Verbreitungsraum das Internet, wo so oder so jedes Medium früher oder später landen wird (nein, sowas wie „Fox News“ stelle ich mir nicht vor).

So teuer ist das nicht. Wer investiert?

Andere Stimmen:

Grosse Überraschung (nzz.ch, Rainer Stadler)
Ein Journalist an der Spitze der SRG (sautter.fm, Alexander Sautter)
SRG: Habemus papam! (medienspiegel.ch, Diskussion)
Wahl des neuen SRG-Chefs spaltet Parteien (sf.tv, inklusive Videos)
Roger de Weck als Deus ex Machina (klartext.ch, Nick Lüthi)
Roger de Weck – weil er Konvergenz und Sparübungen besser verkaufen kann? (wahlkampfblog.ch, Mark Balsiger)
Ultra-Etatist wird neuer Führer des staatlichen Rundfunks (arslibertatis.com, Benjamin Bläsi)
Reaktionen auf die Wahl des neuen Generaldirektors
(persoenlich.com)
Interview mit Roger Schawinski, der mit de Weck befreundet ist (tagesanzeiger.ch, Markus Diem Meier)
Hoffnung und Skepsis nach de Wecks Wahl (klartext.ch, Zusammenstellung von Zitaten)
Griechische Verhältnisse (weltwoche.ch, Kurt W. Zimmermann)
Eine fiktive Antrittsrede in Originalzitaten (weltwoche.ch, Alex Baur)
An- und Einsichten des Roger de Weck (weltwoche.ch, Alex Baur)
Politisch motivierter Überzeugungstäter (weltwoche.ch, Roger Köppel)

14 Gedanken zu „Elitisten küren Roger de Weck zu ihrem Papst“

  1. Also soooo verrückt teuer ist technischerseits ein neuer Radiosender nicht. Für (ungefähr) schlappe Fr. 160’000.- im Jahr wär man schon mal per DAB+ deutschschweizweit on the air. Auf dem privaten Ensemble brauchst Du auch keine Konzession. Musst „nur“ die Kanal-Miete (siehe oben) zahlen. Go!

  2. 1.
    Gerade aus einer rechten Perspektive erstaunt das Argument der »Intransparenz« dieser Wahl, wie es in diesem Post unreflektiert von Schawinski übernommen wird (»Papst«). Worum geht es denn hier eigentlich? Soll »das Volk« wählen? Oder ein Gremium Punkte vergeben, die man dann publizieren kann? Wie spielen sich solche Vorgänge z.B. bei der Weltwoche ab, wenn ein neuer Verleger oder Chefredaktor oder Besitzer gesucht wird?

    2.
    Nur weil viele Leute behaupten, die SRG stünde links, wird es nicht wahrer. Ich nehme nur mal das Beispiel SF: Die NZZ nannte beispielsweise im Dezember 2009 nach einer differenzierten Untersuchung die Arena den »Parteistammtisch der SVP«; generell wird in den politischen Sendungen die Agenda von der SVP bestimmt, kultur-ideologisch vertreten Unterhalter wie Kilchsperger, Turnheer, Fasnacht, Jordi und wie sie alle heißen einen gesunden Pop-Patriotismus kombiniert mit einer Portion sozial-konservativer Familienfreundlichkeit, die einem Bauernzmorge gut anstünden.

  3. @Philippe Wampfler: An diesen Artikel in der „NZZ am Sonntag“ erinnere ich mich – ich habe damals darüber geschrieben, hier.

    Zur Intransparenz: Im Gegensatz zur „Weltwoche“, die frei ist und im Rahmen der Gesetze machen kann, was sie will, wird die SRG aus Zwangsabgaben finanziert. Ich erwarte darum bei der SRG a) vollständige Transparenz und b) ein demokratisches Verfahren. Beides ist nicht gegeben, wenn ein Kandidat zuerst über Wochen verschwiegen wird, dann präsentiert und kurz darauf gewählt wird.

  4. Ich würde eigentlich mal davon ausgehen, dass die Staatsmedien politisch neutral und unbefangen sein sollten. Es gibt schließlich linke wie rechte Gebührenzahler. Schon nur deshalb müsste der SRG-Chef eine Person sein mit neutralem politischen Hintergrund. Leider ist das beim Euro-Turbo und Alt 68ger Roger de Weck nicht der Fall. Seine Ernennung erachte ich als Skandal und als eine weitere politische Instrumentalisierung der SRG. Von Unabhängigkeit keine Spur mehr. Die Ernennung von de Weck zum SRG Chef ist dann auch ein Armutszeugnis für die Schweiz und deren Medien.

    Roger de Weck polarisiert und polemisiert viel zu stark, ist dabei höchst umstritten, nicht nur bei den Parteien. Das sieht man auch überall bei den Leserkommentaren. Eine solch streitbare Person, notabene ein Linksintellektueller und Euroturbo, ist nicht geeignet für den Service Publice und die SRG. Für mich ist de Weck wie gesagt nicht unabhängig. Er ist auch kein Demokrat mit seiner Kritik nach der Minarettabstimmung. Warum tritt Herr de Weck nicht aus dem Club Helvetique aus, um Unabhängigkeit und Seriosität zu demonstrieren, so wie andere Personen für den Bundesrat aus Firmen austraten und VR’s abgaben mussten?? Eine Anti-Demokrat als SRG Chef??

  5. Dieses Aufheulen von Rechtsbürgerlichen war zu erwarten, wiewohl Roger de Weck nicht durchwegs linke Positionen vertritt. Seine Publikation über den Kapitalismus stempelt ihn noch lange nicht zu einem Linken: sowie der Kommunismus versagt hat, wissen wir nach dem Debakel des Kapitalismus, dass auch dieser keine valable Lösung für eine gerechte und friedliche Gesellschaft ist. Schliesslich waren es Erzkapitalisten, welche die Weltwirtschaft beinahe in den Abgrund geritten hätten, die sich schamlos auf Kosten der Allgemeinheit bereicherten und sich jetzt wie Autisten benehmen(lernunfähig).

    Was ist so falsch daran, einen besseren Weg zu suchen, wie das Roger de Weck tat? Natürlich passt das all den Profiteuren des bisherigen Systems nicht, wenn ein hochintelligenter Mann auch noch seine differenzierten Überlegungen (kein Schwarz-weiss-Denken!) veröffentlicht. Schlagwort-Parteien können halt mit differenziert konsequentem Denken nicht nur nichts anfangen, sondern fürchten es; deshalb das Geheul! Als Publizist durfte er seine pointierten Meinungen äussern; ihm als SRG-Direktor traue ich zu, dass er sich um Ausgewogenheit bemühen wird. Dazu ist er klug genug!

  6. @Walter Stucki:

    1. Es sind nicht nur Rechtsbürgerliche, die Roger de Weck als SRG-Chef ablehnen.

    2. Die Wirtschaftskrise ist ein Produkt der Zentralbanken, deren Billiggeldpolitik und der politischen Forderung, auch Arme ohne Einkommen sollten ein Eigenheim haben.

    3. Roger de Weck irrt sich stellenweise gewaltig. Z.B. bei seiner Geisselung der Spekulanten.

    4. Manche Autisten sind durchaus lernfähig.

  7. @Walter Stucki:

    Ist die EU, die De Weck favorisiert, kein kapitalistisches Projekt?

    De Weck dürfte den «Profiteuren des des bisherigen Systems» durchaus «passen», er verbrachte seit seinem Scheitern bei privaten Zeitungen schliesslich genau in diesem System.

    Hochintelligent? Möglich, aber nicht alle, die unverständlich reden und schreiben, sind hochintelligent … :roll:

  8. Herr Stucki, sei 20 Jahren suchen gewisse Leute nach einem neuen Weg in der Wirtschaftsordnung. Diesen gibt es aber nicht. Alle Systeme haben ihre Nachteile. So auch die Marktwirtschaft, die aber noch immer die beste Ordnung ist. Und zwar die Marktwirtschaft mit sozialem Antlitz, so wie diese nach dem 2. Weltkrieg über Jahrzehnte bestand hatte. In einer Zeit wo es kaum Abzocker gab und sich auch der Patron mit dem einfachen Fabrikarbeiter die Hände schmutzig machte. In einer Zeit mit starken und gesunden Sozialwerken. Heute haben wir aber leider die Marktwirtschaft mit abzockerischen Antlitz. Auch die Schweizer Sozis und der Staat wurden zu gemeinen Abzockern.

    Im Sozialismus waren es dann vor allem die oberen Parteiführer die am abzocken waren. Anstatt das in der breiteren Bevölkerung alle nachhaltig wohlhabend wurden, wurden am Schluss alle gleichmässig arm und ruiniert. Pluralismus und Demokratie bestand nur auf dem Papier. Von Eigenverantwortung war schon gar nie die Rede. Zudem starben im Sozialismus dutzende von Millionen Menschen. Wer immer noch diesem System nachtrauert hat nicht alle Tassen im Schrank.

    Herr de Weck kann dann nicht erklären wie die Alternative seiner Markt- und Gesellschaftsordnung den aussehen soll. Man muss das Rad auch nicht neu erfinden. Es genügt wenn man sich wieder auf die soziale Marktwirtschaft besinnt. Roger de Weck ist dann auch ein Kind dieser Marktwirtschaft. Ohne die wäre er nie zu dem geworden was er heute ist. Das selbe gilt für seinen Vater der ein guter Banker war.

    Herr de Weck redet in der Tat sehr unverständlich und kompliziert. Andere Journalisten und Publizisten können in einer halben Minute etwas auf den Punkt bringen, wofür Herr de Weck wohl fünf Minuten benötigt um etwas zu erklären. So wie Herr de Weck naiv daherredet wäre er wohl besser Pfarrer geworden und nicht Medienmann. Über unternehmerische Erfahrung verfügt er ohnehin nicht. Herr de Weck predigt schlussendlich das gleich wie die Linkspartei in Deutschland und der Napoloen von der Saar.

  9. @Walter Stucki:

    1. Es sind nicht nur Rechtsbürgerliche, die Roger de Weck als SRG-Chef ablehnen.

    2. Die Wirtschaftskrise ist ein Produkt der Zentralbanken, deren Billiggeldpolitik und der politischen Forderung, auch Arme ohne Einkommen sollten ein Eigenheim haben.

    3. Roger de Weck irrt sich stellenweise gewaltig. Z.B. bei seiner Geisselung der Spekulanten.

    4. Manche Autisten sind durchaus lernfähig.

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