Die Mütter vom Prenzlauer Berg

Die Mütter aus dem Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg sind berüchtigt für ihre Rücksichtslosigkeit. Natürlich nicht alle, sondern nur ein verschwindend kleiner Prozentteil. Die aber haben es in sich. Was so in einer halben Stunde alles passiert. Ein nicht-fiktiver Text, der vor einiger Zeit genau so vorgefallen ist.

Mutter und Kind, Prenzlauer Berg
Foto: Keystone, Gaetan Bally

Sind es eigentlich die Mütter von oder vom Prenzlauer Berg? Heute, als ich diesen Beitrag von Frank auf argh.de gelesen habe, erinnerte ich mich daran, dass ich dazu ja auch schon was geschrieben habe. Und dass es eigentlich keinen Grund gibt, dieses Geschreibsel jemandem vorzuenthalten.


Der Mann mit der heissen Schokolade kommt vergebens. „Die geht zurück!“ sagt die Mutter. Und dann mit ernstem Gesicht zu dem etwa zwölfjährigen Mädchen: „Valeska, wenn, dann fragst du mich. Und dann sag ich dir: Ja oder nein. Ich hätte jetzt nichts dagegen gehabt, wenn du mich gefragt hättest.“ Der Mann mit der heissen Schokolade, gänzlich ignoriert, hört eine Weile mit und nimmt dann das Getränk wieder mit.

„Der Sack muss aber auch richtig abgewischt werden“ sagt Valeska etwas später, als sie sich zusammen mit den beiden Müttern zwei Meter von meinem Tisch weg über den Kinderwagen beugt. „Zum Glück stinkt es noch nicht“, sagt die eine, „Eiersalat“, die andere Mutter.

Ariel, ein blonder Vierjähriger, der hart ist im Nehmen, was er auch sein muss, denn er fällt alle zwei Minuten um oder stürzt, fährt seinen Buggy zuerst in einen Tisch, an dem ein davon unbeeindrucktes Paar sitzt. Dann rammt er ihn in den Rücken eines Vaters (der seine Tochter zuvor vermisst und in der anderen Ecke des Kaffee wieder gefunden hat). Der dreht sich um, lächelt. Später balanciert Ariel dem Bühnenaufbau entlang. Im Augenwinkel erkenne ich, dass er mir etwas bringen will. Plötzlich rumpelt es, und ich komme zu spät. Er stürzt ab, mit dem Kopf an mein Stuhlbein. Einen Meter Flughöhe, eine Minute Weinen.

Nach einer weiteren Minute sitzt er hinter mir, auf dem Schoss von Valeska, die in ansteigender Lautstärke ein Lied singt, in dem die Teletubbies-Figuren Lala und Po vorkommen. Sie gucken für ein paar Minuten interessiert in meinem Laptop und ich überlege mir, ob die Seiten, die ich eben geöffnet habe, kindergerecht sind oder nicht.

Dann wird der Junge aus dem Kinderwagen zur Brust genommen. Eine stille, fast poetische Szene. Würde er nicht währenddessen in der Nase der Mutter bohren. In den Speisepausen strahlt er mich an, unwiderstehlich. Valeska wird gefragt, ob sie sich vorstellen kann, auch mal Mama zu werden. Nö, kann sie nicht.

Nachdem die beiden Mütter, die drei Kinder und der Hund gegangen sind, räumt eine Serviceangestellte über fünf Minuten auf. Sie verräumt die Spielsachen (eins davon unter meinem Tisch), sie räumt den Tisch ab, sie sucht Abfall unter dem Tisch zusammen, sie rückt Stühle wieder gerade.


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