Frank A. Meyer zur Pension

Lieber Frank A. Meyer

Ich wünsche Ihnen alles Gute zum heutigen 65. Geburtstag!

Da Sie nicht im Internet suchen, zuletzt wohl nach sich selbst, werden Sie diesen Eintrag wohl nie lesen. Mich hält es aber nicht davon ab, Ihnen herzlich zur Pension zu gratulieren. Endlich können Sie ausspannen, zurücklehnen, abwinken, Kuchen essen, schwimmen gehen. Dass sie klammheimlich schon länger nur noch ab und zu einen Espresso trinken mit dem bei Ringier für alles mögliche Publizistische verantwortlichen Marc Walder, ist mir schon länger aufgefallen. Aber so kurz vor der Pension will man da niemandem einen Vorwurf machen. Jetzt, mit 65, müssen Sie nicht mal mehr das. Ist das nicht schön?

In der Wikipedia steht, das A. in ihrem Namen würde „André“ heissen und sie würden „Wikipedia für ‚Schrott’“ halten. Beides sind vermutlich unhaltbare, gar infame Behauptungen! Es steht dort auch, sie hätten den linksliberalen Kurs des Blick zu verantworten, der, wie die Weltwoche kürzlich ausrechnete, bereits für erheblich mehr Verluste gesorgt hat als es ein klassischer Boulevardkurs getan hätte. „Harmlose, abgehobene Mainstream-Blätter“ seien aus den „einst aggressiven Boulevardzeitungen“ gemacht worden und Sie, Herr Meyer, der „300-Millionen-Mann„, seien dafür mitverantwortlich.

Sie haben das Gespür, das vielen Journalisten fehlt, sie wissen, welche Zeitgenossen interessant sind. Und die laden sie dann in ihre Sendung „Vis-à-vis“ ein. Ich bewundere, ehrlich, ihre Fähigkeit, nie den Faden zu verlieren, immer dabei zu sein mit einer Anschlussfrage. Richtig gut finde ich auch, ehrlich, wie diese Sendung noch immer aussieht wie von vor 30 Jahren. Dass sie viele gute Gespräche damit zerstören, in dem sie sich selbst in den Vordergrund drängen und spannende Äusserungen mit eingeworfenen Eigenreflexionen beenden, sei ihnen verziehen. Journalisten (und auch Blogger, ich, ich!) nehmen sich nun mal gerne wichtig.

Fanden Sie es eigentlich auch so lustig wie ich, als die Welt mal schrieb, Sie würden nach jeder Frage „dem Gesprächspartner ein kleines bisschen mehr auf die Pelle“ rücken, bis Sie „ihm am Ende der sechzig Minuten fast auf dem Schoß“ sitzen? Die Ihnen attestierte „Vorliebe für grässliche Krawatten“ dagegen ist unbedingt cool.

Sie prangern an, dass Journalisten nicht mehr raus gehen, keine Meinung mehr haben. Richtig, meine Rede! Ist Ihnen aber schon aufgefallen, dass das besonders in dem Ihnen doch sehr nahe stehenden Ringier-Verlag der Fall ist? Dass genau dort alle, die mitarbeiten und über die geschrieben wird, perfekt zurechtgeschliffen werden und dann sind? Und darum alle irgendwann glänzen wie der Kopf von Marc Walder? Dass Sie, jedenfalls in der Führungsebene, eines der letzten selbständig denkenden und lebenden Elemente waren in diesem Verlag? Sie wissen schon: Menschen! Nicht so gesichts- und charakterlose Manager…

Wir haben viel gemeinsam. Beide sind wir aus der Schweiz, beide wohnen wir zurzeit in Berlin. Sie im westlichen Altbürgerbezirk Dahlem, ich im östlichen Neubürgerbezirk Prenzlauer Berg. Von Ihren Kochkünsten habe ich schon viel gelesen. Aber wollen wir uns nicht mal auf eine Currywurst treffen?

Dieser Brief ist nicht böswillig. Ich will nur nicht, dass die Situation eintrifft, dass Ihnen von den Journalisten nur der „eigene“ SonntagsBlick gratuliert. Also so öffentlich, mein ich.

Mit den freundlichsten Grüssen & allerbesten Wünschen für einen geruhsamen Lebensabend

verbleibe ich, Ihr

Ronnie Grob


Kommentare

2 Antworten zu „Frank A. Meyer zur Pension“

  1. […] diese denn bei “seinem” Verlag Ringier noch gelten. Den ganzen Brief gibt es in Ronnies Blog, hier ein Auszug: “Sie prangern an, dass Journalisten nicht mehr raus gehen, keine Meinung […]

  2. ganz grosses kino.

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