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Das Mediengesetz braucht es nicht

Der Brief, den Ringier-CEO Marc Walder am 20. März 2020 an verschiedene Chefs von Schweizer Leitmedien schrieb, hat es in sich. Wer ihn durchliest, kann Walders Nähe zum Bundesrat förmlich spüren. Was auf dem privaten Medium Insideparadeplatz.ch am vergangenen Samstagmorgen veröffentlicht wurde, ist bisher noch nicht breit aufgenommen worden. Natürlich stecken in der Schweiz nicht alle Mächtigen unter einer Decke. Aber wer solche Briefe schreibt, gibt sich keine grosse Mühe, diesen Vorwurf zu entkräften.
 
Wird das am 13. Februar zur Abstimmung stehende Mediengesetz angenommen, wird der Staat privaten Medien noch näher rücken. Wir beim «Schweizer Monat» lehnen das Gesetz ab. Zwar könnten auch wir das Geld gut gebrauchen, die Gefahr einer Abhängigkeit vom mächtigsten Player überhaupt, dem Staat, ist uns aber zu gross. Weitere Gegenargumente gibt es zuhauf, zum Beispiel die Explosion der Medienvielfalt im Internet. Mehr dazu in meinem Leitartikel in unserer Februar-Ausgabe, die morgen erscheint.
 
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Wie der Inhalt in die Beilagen kommt

Die Adastra Medien GmbH aus Zürich produziert Themenbeilagen für Schweizer Tageszeitungen, zum Beispiel für den „Blick“ oder den „Tages-Anzeiger“. Gedruckt wird im Ringier-Verlag (siehe Partner):

Für diese Beilagen sucht die Firma derzeit Schreibkräfte. Interessierte sollten dabei „nicht die fetten Gehälter“ erwarten, wie im derzeit aktiven Inserat auf der Plattform ronorp.ch zu erfahren ist:

Anzeige Ron Orp

(Screenshot ronorp.ch, Markierungen von mir, via medienspiegel.ch)

Nachtrag, 20 Uhr: Das Inserat ist nun nicht mehr auf ronorp.ch verfügbar.

Aufbruch in der Chefetage

“Web 0.0 bei Ringier”, schrieb ich im September 2007 auf medienlese.com. Eine Zustandsbeschreibung, auf die man hätte reagieren können. Doch nichts geschah, wie auch Marc Walder, CEO Ringier Schweiz und Deutschland, kürzlich in einem Interview mit der “Sonntagszeitung” einsah: “Wir haben drei Jahre geschlafen.”

Nun endlich sind Ansätze von Aufbrüchen zu erkennen. Der Verband Schweizer Presse will sich nicht mehr nur durch Druckerschwärze definieren, sondern will als “Verband Schweizer Medien” alle Medien repräsentieren. Also auch die hiesigen Blogger und Twitterer, vielleicht sogar die anonymen.

Das Logo des Verbands (ein Bogen Papier auf der Druckerpresse) und sein Präsident (Hanspeter Lebrument: „Für mich ist die Krise vorbei“) bleiben zwar unverändert. Richtungsweisend ist aber diese an der Verlegertagung in Pontresina beschlossene Personalie: Im Vorstand wird der Ex-BaZ-Verleger Matthias Hagemann gegen Urs Gossweiler von der Gossweiler Media AG ausgewechselt, der die anderen Verleger bisher erfolglos mit der Zukunft zu konfrontieren versucht hatte.

Auch wenn der Einbruch bei den Printprodukten schon seit Jahren vor der Tür steht, waren und sind kaum Langzeitstrategien dazu zu erkennen. Die meisten Verlage befassen sich erst mit der Zukunft, wenn die Bilanz rote Zahlen zeigt. Impulse für innerbetriebliche Veränderungen sind meistens Sparanstrengungen geschuldet.

Was manchmal lustige Auswirkungen mit sich bringt: So schaffte der AZ Verlag aus Kostengründen die Aussenbüros ab. Um sie, wiederum aus Kostengründen, jetzt wieder neuzugründen. Die Einsicht, dass ein Journalist vor Ort sein muss und, um zu arbeiten, nicht mehr als Laptop, Kamera und Internet braucht, ist zwar ein längst bekannter Fakt. Immerhin scheint er nun auch einige Verantwortungsträger erreicht zu haben.

Dieser Artikel erschien im Pressespiegel von mediaforum.ch, den man hier per E-Mail abonnieren kann.

Journalismus im Hause Ringier (5)

Es gibt im „SonntagsBlick“ immer noch so eine Rubrik, die mal als Kopie von „Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt“ mit Kaffee statt Rauchwaren startete, sie heisst „Auf einen Espresso mit Frank A. Meyer“.

In der gestrigen Ausgabe gibt sich Frank A. Meyer dem Chef von Ringier Schweiz gegenüber begeistert von den deutschen Zeitungen, er lobt den „Stil in den gedruckten Medien“:

differenzierte Berichte über das Dilemma der Schweiz, faire bis selbstkritische Kommentare, auch was den Ankauf illegaler Daten betrifft. Das ist ein Klassenunterschied zu den meisten Schweizer Printmedien.

Welche Schweizer Printmedien er da wohl meint? Vielleicht das Medium aus dem Ringier-Verlag namens „Blick“, das ihm die Plattform bietet zu seinen Aussagen?

Update am 16. Februar 2010, 19 Uhr: Gabor Steingart, neuer Chefredakteur des deutschen „Handelsblatts“, hält Meyers „auch von den Konzernblättern abweichende Meinung“ für ein „bemerkenswertes Dokument von Zivilcourage – und von innerer Pressefreiheit“. So kann man das auch sehen.

Marc Walder durchbricht das Trübglas

Fast zwei Jahre ist es her, seit ich feststellte, dass, was die „B.Z.“ in Berlin mit 35 Leuten gut bis sehr gut hinkriegt, nämlich eine Boulevardzeitung für ein paar Millionen Leser, der „Blick“ in Zürich mit 120 Leuten schlecht bis sehr schlecht hinkriegt.

Nun endlich scheint das auch der Ringier-Verlag verstanden zu haben. Marc Walder, Chef von Ringier Schweiz, enthebt per sofort alle Ressortleiter der „Blick“-Gruppe ihrer Funktion und lässt sie neu um den Posten bewerben (mehr dazu bei persoenlich.com und tagesanzeiger.ch).

Marc Walder
Bild: ringier.ch

Anlässlich einer Mitarbeiterinformation zur Einführung eines gemeinsamen Newsrooms sagte er:

„Ich habe viel Gejammer und viel Polemik gehört in letzter Zeit. Ich habe kein Verständnis für Gejammer oder Polemik, denn wenn das grösste Medienhaus die Bedürfnisse des Lesers nicht versteht und darauf reagiert, dann haben wir alle – ich inklusive – bald keinen Job mehr.“

Es gibt ja sonst nicht viel Grund, den Garant für Dauerlangeweile, Marc Walder, zu loben. Aber dieser (vielleicht schlicht vom Management verordnete) Schritt, nämlich die gleichzeitige Entmachtung aller Ressortleiter, halte ich für den genau richtigen. Nur so kann das frische Blut, das der bleiche „Blick“ so dringend benötigt, wieder bis in den Kopf der Organisation vorstossen.

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