Online-Reputation von Journalisten: Ein Kommentar über Kommentare

Viele Journalisten mögen das Internet nicht. Manche von ihnen mögen das
Internet nicht, weil jemand darin über sie geschrieben hat. Über sie und
ihre Arbeit. Einfach so, ohne vorher zu fragen. Bemerkt haben sie das, weil
sie ab und zu ihren Namen googlen. Und da steht dann, manchmal schon in den
ersten Ergebnissen, irgendwas über sie. Im schlechtesten Fall eine
Unwahrheit eines anonym oder pseudonym bleibenden Feiglings.

Haben sie sich darüber ausführlich geärgert, werden sie aktiv. Doch wie?
Manche schreiben E-Mails und versuchen, eine Löschung des infamen Beitrags
zu erwirken. Was in vielen Fällen daran scheitert, dass nicht zu eruieren
ist, wer “trixi78” überhaupt ist. Andere kommen zur Einsicht, dass die
betreffende Stelle als Kommentar auf einer Website steht, die sich überhaupt
nicht kooperativ zeigt und auf die Kommentarregeln verweist. Es bleibt der
Gang zum Anwalt oder zu einem Dienstleister, der die Wiederherstellung der
Online-Reputation anbietet. Schritte, die unangenehm sind sowie Kosten und
einen ungewissem Ausgang mit sich bringen.

Doch das Problem liesse sich leicht entschärfen. In dem der Journalist
selbst im Internet agiert und seinen guten Namen aktiv verteidigt. In dem er
die Kommentarfunktion unter dem Beitrag nutzt. Oder im persönlichen Blog
unter eigenem Namen dazu Stellung bezieht. Ein eigenes Blog ist kostenlos
und in wenigen Minuten erstellt.

Für solchen Kleinkram hat ein Journalist doch keine Zeit? Gemessen am
langanhaltenden Ärger der kompletten Internetverweigerung sind die
Aktivitäten, mit denen er seinen Namen schützt, überschaubar. Eine Debatte
im Internet kann zudem lehrreich, gar unterhaltsam sein.

Reagieren sollte er allerdings nur dann, wenn der Beitrag ernst zu nehmen
ist. Eine Entscheidung, die jeder für sich selbst fällen muss. Einige
Beiträge disqualifizieren sich selbst und können gut mit Humor verarbeitet
werden. Ich zum Beispiel wurde schon als “der linke Alleswisser und
Nichtskönner Ronnie Grob” bezeichnet (auf einer Website, die übrigens in
etwa das Design von tagesanzeiger.ch verwendet). Man findet den Eintrag,
sucht man nach meinem Namen auf Google, derzeit etwa auf Platz 40. Nun denn,
Journalisten, die für ihre Arbeit Meinungsfreiheit fordern, müssen diese bis
zu einem gewissen Punkt auch ertragen können.

Solche Beiträge erwarten und verdienen in der Regel keine Reaktion. Man
fängt ja auch keine stundenlange Diskussion an mit einem, der einem auf der
Strasse aus sicherer Distanz beleidigt. Natürlich kann man in so einer
Situation die Polizei rufen, als Ehrenmann sogar ein Duell fordern. Meist
kommt einem sowas aber schon am nächsten Tag, sind die ersten Emotionen
wieder etwas abgekühlt, unvernünftig vor. Vielleicht zurecht.

Als Tipp am Rande: Ist die Telefonnummer des Verursachers verfügbar, so
wirkt ein Anruf manchmal Wunder. Viele von denen, die ins Internet
schreiben, sind sich nämlich gar nicht bewusst, dass sie sich eventuell
rufschädigend verhalten, gerade der Totschläger “Zensur” wird oft wahllos
und unbewusst verwendet. Konfrontiert mit ihrem Verhalten geben sie manchmal
gerne zu, aus einer Stimmung heraus agiert zu haben – vielleicht erinnern
sie sich auch schon längst nicht mehr an ihr Werk. Wenn die Probleme, die
der Betroffene mit dem Beitrag hat, sachlich dargelegt werden können, lösen
sich diese vielleicht in gegenseitigem Wohlgefallen auf. Eine
Kontaktaufnahme hingegen, die gleich mit rechtlichen Konsequenzen droht,
wenn der Beitrag nicht sofort gelöscht wird, stösst verständlicherweise eher
nicht auf Kooperation.

Ausserdem gibt es den Lerneffekt. Vor über einem Jahr verweigerte ich mich
der Bitte eines Journalisten, einen Arikel über ihn zu ändern, weil ich
weiterhin zu jedem Wort im Text stand. Inzwischen ist er selbst aktiv im
Internet, meine damaligen Worte tauchen nicht mehr auf den vorderen Plätzen
auf.

Das heisst nicht, dass sich ein Journalist alles gefallen lassen muss. Wie
im Leben ausserhalb des Internets gibt es nun mal Menschen, die nur mit
rechtlichen Mitteln zu ein wenig Vernunft gebracht werden können.

Dieser Kommentar erschien in der Ausgabe 4/2009 des Branchenmagazins Schweizer Journalist.

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