Journalismus im Hause Ringier (2)

Noch vor wenigen Jahren hörte man oft das Argument, dass einzelne Blogger einfach keine ernstzunehmenden Diskussionspartner seien. Zu wenig tief ihre Argumente, zu wenig recherchiert ihre Texte, zu flapsig, zu gefühlsgetrieben, immer bereit zum Rundumschlag seien sie.

Ja, von denen gibt es auch heute immer noch viele. Zum Beispiel beim SonntagsBlick. Nehmen wir heute mal den Text „Basta!“ von Frank A. Meyer, der schon im Titel andeutet, dass er keinen Widerspruch duldet.

Aber egal, beginnen wir ganz vorne im Text und arbeiten und Buchstabe um Buchstabe vor:

Das Internet hat die Welt auf das Format eines Laptop-Bildschirms reduziert. Das Globalisierungsmedium par excellence hat aber auch neue Räume eröffnet – rechtsfreie Räume.

Satz 1: Seltsamer Satz. Die Welt lässt sich nicht reduzieren, schon gar nicht durch das Internet. Satz 2: Eine Behauptung. Natürlich ist das Netz kein rechtsfreier Raum. Klagen sind so erfolglos oder erfolgreich wie ausserhalb des Netzes.

An den Tag gebracht hat dies die Finanzkrise: Fiktive Produkte ohne Bezug zu konkreten Werten waren die Ware, mit der viele ­Banken ihre windigen Geschäfte machten. ­Gesetzliche Kontrollen dieser Wertpapiere ohne Wert gab es keine; gesetzliche Regeln oder gar Schranken für den Internet-getriebenen Finanzkapitalismus erst recht nicht.

Zuerst schrieb Frank A. Meyer vom „Kapitalismus“. Dann vom „Casino-Kapitalismus“. Und jetzt ist er schon beim „Raubtier-Kapitalismus“ (siehe weiter unten in seinem Text) und beim „Internet-getriebenen Finanzkapitalismus“ angelangt. Vielleicht sonst noch jemand da ausser das Internet, das man für alles Übel in der Welt verantwortlich machen kann?

Die schöne neue Laptop-Welt befreite die Finanz­wirtschaft von Recht und Gesetz. Doch auch die Internet-Industrie selbst kennt kaum rechtliche Skrupel.

Zwei erstaunliche Behauptungen, die nicht im Ansatz bewiesen werden. Vermutlich handelt es sich um persönliche Fantasien.

Was online machbar ist, wird in den allermeisten Fällen auch gemacht.

Yippie, eine Wahrheit. Nur ist der Satz auch wahr, wenn man das Wort „online“ mit dem Wort „offline“ tauscht.

Der Gesetzlosigkeit im World Wide Web fällt gegenwärtig gerade die Kulturindustrie zum Opfer. Schriftsteller und Musiker verlieren im Netz das Recht auf ihre Werke: Alles kann, alles darf heruntergeladen werden. Gratis. Die Enteignung der Kulturschaffenden durch Google und Konsorten ist schon fast vollendete Tatsache.

Ich habe da eine Frage. Nein, vier Fragen. Was ist mit „Gesetzlosigkeit“ gemeint? Und was mit „Enteignung“? Und was mit „Konsorten“? Und was mit „vollendete Tatsache“?

In einem Absatz vier unbewiesene, aus der Luft gegriffene Behauptungen?

Wer jetzt meint, der absurde Text sei schon zu Ende, wird enttäuscht. Wir sind hier erst bei Absatz 4 von insgesamt 17 angelangt.

Ich habe nur noch eine Frage. Das ist der sogenannte „Chefpublizist“ des grössten Schweizer Medienunternehmens?


Kommentare

Eine Antwort zu „Journalismus im Hause Ringier (2)“

  1. Was man nicht verstehen und begreifen kann, macht einem Angst. Dieses neumodische Teufelszeug Internet gehört für viele in diese Kategorie.

    Leider betrifft das auch viele Politiker, die, weil sie Angst vor den Möglichkeiten des Internets haben, dies mit möglichst unsinnigen Gesetzen zensieren, reglementieren oder am liebsten gleich ganz verbieten möchten.

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