Bitcoin Suisse schlägt Credit Suisse

Die vom Säulenheiligen der Schweizer Wirtschaftsliberalen, Alfred Escher, einst unter dem Namen Schweizerische Kreditanstalt (SKA) gegründete Bank Credit Suisse Group (CS) scheint sich in einem raschen Niedergang zu befinden. Milliarden von Kundengeldern werden abgezogen, die Quartalsergebnisse sind verheerend. 2022 halbierte sich der Preis für eine Aktie von 8 auf 4 Franken. Noch 2007 bezahlte man fast 100 Franken dafür – sie ist seither über 90 Prozent eingebrochen. Während die einen fragen, wer diesen angerosteten Tanker kaufen mag – «Sie würde doch nur 13 Milliarden kosten», titelte die NZZ verzweifelt – fragen sich die anderen, ob er bald irgendwo aufläuft, Leck schlägt und auseinanderbricht.

Newbies fliessen dagegen Kundengelder zu, etwa der Bitcoin Suisse aus dem Kanton Zug. Der wie so viele erfolgreiche Schweizer Unternehmen von einem Ausländer gegründete Finanzdienstleister hat seit der Gründung 2013 dreihundert Mitarbeiter eingestellt und wurde 2020 mit 302,5 Millionen Franken bewertet. Mit einem Preisanstieg von Kryptoassets wie Bitcoin dürfte sich das in den nächsten Jahren noch deutlich nach oben bewegen.

Noch ist das Zuger KMU ein Winzling gegenüber dem Platzhirsch am Zürcher Paradeplatz. Die Machtverhältnisse könnten sich aber verändern. Dafür spricht weniger die Agilität des Newbies, sondern vielmehr die völlige Gleichgültigkeit von Grossbanken gegenüber der Geldrevolution, die am 3. Januar 2009 mit dem ersten Block im Bitcoin-Netzwerk eingeläutet wurde. Die CS hat sich bisher kaum für die Verwahrung von Kryptowährungen interessiert und auch keine Geschäftseinheit für Key Storage aufgebaut, was beides valable Geschäftszweige für Schweizer Banken sein könnten (wir wiesen bereits im Juni 2018 darauf hin, ein zweites Dossier zu Bitcoin erschien im Dezember 2020).

Kurzum: Die Geburt einer revolutionären Innovation, welche die Finanzwelt herausfordert und erweitert, geht der Grossbank fast schon so lange am Allerwertesten vorbei, wie der Aktienkurs der CS sinkt. Mich erinnert ihr Vorgehen an die Verleger, die es eine gute Idee fanden, das Internet erstmal für ein paar Jahre zu ignorieren und zu verdammen. Hanspeter Lebrument behauptete noch 2007 im Namen der Schweizer Verleger: «Google hat Angst vor uns».

Wird nun Ulrich Körner, der neu auf der Kommandobrücke des Tankers steht und im Oktober 60 Jahre alt wird, das Ruder herumreissen? Ich würde nicht darauf wetten. Bitcoin Suisse jedenfalls hat keine Angst vor den Schweizer Banken. Und Bitcoin schon gar nicht.

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