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Marc Walder durchbricht das Trübglas

Fast zwei Jahre ist es her, seit ich feststellte, dass, was die „B.Z.“ in Berlin mit 35 Leuten gut bis sehr gut hinkriegt, nämlich eine Boulevardzeitung für ein paar Millionen Leser, der „Blick“ in Zürich mit 120 Leuten schlecht bis sehr schlecht hinkriegt.

Nun endlich scheint das auch der Ringier-Verlag verstanden zu haben. Marc Walder, Chef von Ringier Schweiz, enthebt per sofort alle Ressortleiter der „Blick“-Gruppe ihrer Funktion und lässt sie neu um den Posten bewerben (mehr dazu bei persoenlich.com und tagesanzeiger.ch).

Marc Walder
Bild: ringier.ch

Anlässlich einer Mitarbeiterinformation zur Einführung eines gemeinsamen Newsrooms sagte er:

„Ich habe viel Gejammer und viel Polemik gehört in letzter Zeit. Ich habe kein Verständnis für Gejammer oder Polemik, denn wenn das grösste Medienhaus die Bedürfnisse des Lesers nicht versteht und darauf reagiert, dann haben wir alle – ich inklusive – bald keinen Job mehr.“

Es gibt ja sonst nicht viel Grund, den Garant für Dauerlangeweile, Marc Walder, zu loben. Aber dieser (vielleicht schlicht vom Management verordnete) Schritt, nämlich die gleichzeitige Entmachtung aller Ressortleiter, halte ich für den genau richtigen. Nur so kann das frische Blut, das der bleiche „Blick“ so dringend benötigt, wieder bis in den Kopf der Organisation vorstossen.

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Jürg Acklin ist nicht Pestalozzi

Im Bezirk Zürich Seefeld sind Wohnungsmieten um die 3000 Euro nicht aussergewöhnlich. Folgt nun wie in Berlin Prenzlauer Berg die Vertreibung der Ureinwohner durch hohe Mieten? Sind die renditegeilen Investoren dafür verantwortlich? Oder doch eher die renditegeilen Verkäufer?


Sonnenuntergang im Zürcher Seefeld. Bild: CC Flickr magdalar

Letzte Woche zeigte die SF-Sendung „Reporter“ einen Bericht über das Seefeld in Zürich:

„Die Yuppisierung eines Quartiers“ (sf.tv, Video, 27:07 Minuten)

(Mich stört, dass dem SF-Online-Video ein lästiger Programmhinweis in eigener Sache vorgeschaltet ist. Warum das?)

Denkwürdig am durchaus kurzweiligen Film ist das Statement von Schriftsteller und Psychoanalytiker Jürg Acklin (ab 18:47 Minuten), der erklärt, warum er ein offenbar in seinem Familienbesitz befindliches Gebäude im Seefeld für 3.5 Millionen Franken an einen Investor verkauft hat und nicht für 2.5 Millionen Franken an jemanden aus dem Umfeld eines bisherigen Bewohners:

Es sind zwei Seelen in der Brust, ich bin auch immer noch in der … [… sozialdemokratischen Partei der Schweiz?] Ich wechsle auch nicht die Partei, weil ich jetzt etwas Geld verdient habe. Ich bin immer noch sozial engagiert und ich glaube: Es ist halt eine kognitive Dissonanz, die man hat, dass man intellektuell und auch gewissermassen gesamtgesellschaftlich kritisch und durchaus auch, wie soll ich sagen, linksliberal ist, aber im entscheidenden Moment: Ich glaube, ich bin einfach nicht Pestalozzi. [gemeint ist Johann Heinrich Pestalozzi, ein Pädagoge, der im Schweizer Sprachgebrauch als Synonym für besonders soziales Handeln Einzug gehalten hat.]

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Die Krise der Sozialdemokratie

Vor der Bundestagswahl 2009 in Deutschland (3)

SPD Prenzlauer Allee
Plakat der SPD an der Prenzlauer Allee, Berlin

So hat sich das die SPD nicht vorgestellt. Das eigene Plakat derart verschandelt? Die SPD ist doch die Partei, die sich selbst als die „Guten“ sieht, und meint, das „Gute“ zu tun. Und jetzt meinen „irgendwelche anonymen Schmierfinken“ (so werden die bezeichnet, da bin ich mir sicher), man stehe nicht für den Arbeitsplatzkampf (was für ein blödes Wort), sondern für Wörter wie „neoliberal“ und „asozial“? Mit denen bezichnet man doch in der SPD die Gegner!

Das Problem der SPD ist nicht nur, dass sie seit 11 Jahren Regierungsverantwortung trägt. Es sind auch nicht die rechtsradikalen Nationalisten der NPD oder die wirtschaftsliberale FDP, die in vielen Punkten das Gegenteil vertreten. Das Problem der SPD sind die Parteien, die das, was die Partei immer schon vertritt, nun auch vertreten. Also mit minoren Abweichungen die CDU, die Linke, die Grünen. Alle sie vertreten (inzwischen) eine „starke“ soziale Marktwirtschaft. Und alle sie meinen mit „stark“ nicht etwa den Markt, sondern das „sozial“. Und „sozial“ heisst offenbar: Richtig viel Staat und Gesetze, möglichst alles regulieren und reglementieren, möglichst nichts seinem freien Lauf überlassen.

Nicht nur, dass sie es sich mit Johnny Häusler verscherzt hat – vor allem die Verabschiedung der CDU von der Marktwirtschaft (wir erinnern uns an das Enteignungsgesetz) hat der SPD nachhaltig geschadet. Gewinner von dieser Verabschiedung ist die FDP, wie die Umfragen zeigen.

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Die Freiheit, die ich meine

Vor der Bundestagswahl in Deutschland 2009 (2)

Am Samstagnachmittag war ich in Berlin an der überparteilichen Demonstration „Freiheit statt Angst“. Das Wetter war sonnig, die Menschen friedlich und freundlich und alle waren für die Freiheit.

Nur – für welche Freiheit?

Freiheit und Sozialismus
Die Linke war für Freiheit und Sozialismus

Freiheit statt Kapitalismus
Und im Umkehrschluss also auch für Freiheit statt Kapitalismus

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Berlin Neukölln vs. Berlin Prenzlauer Berg

Wenn mich jemand fragt, was denn der Unterschied ist zwischen Neukölln und Prenzlauer Berg – kann ich ihm ja diese beiden Fotos zeigen, die ich am Wochenende gemacht habe.

Berlin Neukölln
Hier fehlen irgendwie dringend einige Fs, Google fragt jedenfalls: „Meinten Sie: Kurzzeit KFZ“?. Ort: Berlin Neukölln, Karl-Marx-Straße

Berlin Prenzlauer Berg
Und hier fehlt ebenso dringend Schnuffi, eingekreist. Ort: Berlin Prenzlauer Berg, Pappelallee

30 Euro sind derzeit übrigens etwa 43 US-Dollar. Für Schnuffi wird also in etwa ein Betrag geboten, mit dem fast die Hälfte aller Menschen auf der Welt über einen halben Monat lang leben können -> www.globalissues.org. Und ich geh jetzt einen Milchkaffee trinken für 2 Euro Neunzig.