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Moderne Schweiz

Vor den Wahlen 2015 sieht die Karikatur der politischen Lage so aus: Auf der einen Seite die SVP wählenden Hinterwäldler, die sich störrisch jedem Fortschritt verweigern, darauf drängen, sich vom Rest der Welt abzuschotten und lieber untergehen, als in der Zukunft anzukommen. Auf der anderen Seite die urbane, progressive Elite, deren bahnbrechende Ideen in den Ketten der Direkten Demokratie liegen und die deshalb das Land nicht in eine gloriose internationale oder wenigstens europäische Zukunft führen können. Es ist deshalb eine Karikatur, weil das, was als Progression (Fortschreiten, Weiterentwicklung) verkauft wird, eine Regression (Rückgang, Zurückfallen) wäre. Jene besonderen Errungenschaften, die sich die Schweiz im 19. Jahrhundert in die Verfassung geschrieben hat, machen den Schweizer Staat bis heute zum fortschrittlichsten Staatswesen weit und breit.
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Wie der Inhalt in die Beilagen kommt

Die Adastra Medien GmbH aus Zürich produziert Themenbeilagen für Schweizer Tageszeitungen, zum Beispiel für den „Blick“ oder den „Tages-Anzeiger“. Gedruckt wird im Ringier-Verlag (siehe Partner):

Für diese Beilagen sucht die Firma derzeit Schreibkräfte. Interessierte sollten dabei „nicht die fetten Gehälter“ erwarten, wie im derzeit aktiven Inserat auf der Plattform ronorp.ch zu erfahren ist:

Anzeige Ron Orp

(Screenshot ronorp.ch, Markierungen von mir, via medienspiegel.ch)

Nachtrag, 20 Uhr: Das Inserat ist nun nicht mehr auf ronorp.ch verfügbar.

Was in allen Zeitungen steht

Ich habe eine neue Lieblingssendung. Sie dauert kaum 10 Minuten, wird täglich vor 13 Uhr im Deutschlandfunk DLF ausgestrahlt und nennt sich “Internationale Presseschau”. Gut, die Sendung gibt es in dieser Form schon seit 1987, aber man kann ja auch mal etwas wieder entdecken.

Übersetzt und zitiert wird nicht nur, was „Xinjingbao“ aus Peking schreibt, sondern auch, was in „Xinmin Wanbao“ und „Jiefang Ribao“ aus Shanghai steht. Ein Service, den man selbst nicht oder nur mit grossem Aufwand nachvollziehen kann.

Interessiert doch keinen? Aber doch! Der fremde Blick auf die bekannte Lage zeigt manchmal nur zu gut auf, wie wir dazu neigen, einander unsere Meinungen anzupassen. Journalisten aus anderen Ländern haben andere Gedanken, Standpunkte, Ansichten. Die den Schweizer Journis, die ihre Inputs hauptsächlich von deutschsprachigen und nebensächlich von englischsprachigen Medien erhalten, den Horizont erweitern könnten.

Wie inländische müssen auch ausländische Medien kritisch gelesen werden: Wenn sich ein Blatt aus Ruanda über westliche Journalisten aufregt, die angeblich frustriert sind, weil sich “die Ruander nicht gegenseitig an die Gurgel springen, sondern vielmehr begeistert ihre demokratischen Rechte wahrnehmen”, dann mag das ein korrekter Sachverhalt sein. Oder Regierungspropaganda.

Was die “Neue Zürcher Zeitung aus Zürich” schreibt, ist übrigens fast jeden Mittag ein Thema im deutschen Sender, auch der “Tages Anzeiger” ist immer mal wieder dabei.

Dem DLF-Gefäss ist nur zu wünschen, dass es durch den Fokus auf Tageszeitungen nicht den Anschluss an wichtige Debatten verliert, die in Wochen- und Monatsmagazinen und im Web stattfinden. Auf Radio DRS gibt es leider keine internationale Presseschau mehr, nur noch eine nationale. Die mit jeder Fusion eintöniger wird. Schade.

Deutschlandfunk DLF, Internationale Presseschau, Montag bis Samstag um 12:50 Uhr.

Dieser Artikel erschien im Pressespiegel von mediaforum.ch, den man hier per E-Mail abonnieren kann.

Elitisten küren Roger de Weck zu ihrem Papst

Eine intransparente Wahl spült Roger de Weck an die Spitze der SRG. Die Klagen über ein politisch links dominiertes Fernsehen und Radio werden jetzt erst recht hochkochen. Zeit für eine Alternative.

Roger de Weck war in den 1990er-Jahren Chefredakteur von „Tages-Anzeiger“ und der „Zeit“, zuvor schrieb er für die (damals noch links ausgerichtete) „Weltwoche“. Seit einigen Jahren zieht er seine Fäden nur noch im Hintergrund, sitzt auf Podien, redet in Fernsehsendungen, schreibt Kolumnen, prangert den Kapitalismus als „Religion“ an. Kurz: Er macht etwa das, was Frank A. Meyer macht, der grosse, alte Löwe unter den Schweizer Salonsozialisten. Nun wird er Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG.

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Roger de Weck (links) mit Medienminister Moritz Leuenberger (Bild: CC Flickr ecumenix)

Nicht Generaldirektor wird der Bürokrat Hans-Peter Rohner. Und auch nicht die fernseherfahrenen Roger Schawinski und Filippo Leutenegger. Schawinski hatte übrigens kein Interesse am Job, denn:

Ein SRG-Generaldirektor hat nur zwei wichtige Aufgaben: Gebühren erhöhen und ihm genehme Direktoren für Radio und Fernsehen portieren.

Generaldirektor wird ein Publizist, ein Journalist. Was tatsächlich erfreulich ist, wenn er denn die Finanzen im Griff hat. Zur Erinnerung: Gesucht wurde eigentlich „in erster Linie eine aussergewöhnlich führungsstarke Persönlichkeit mit breit abgestützter betriebswirtschaftlicher Fachkompetenz; erst in zweiter Priorität stehen Radio-, Fernseh- und Multimediaerfahrung“. Am Rande: Die überraschende Wahl von de Weck hat gezeigt, dass etablierte Journalisten so wenig Ahnung von richtigen Kandidaten haben wie Blogger.

Seit Jahren (seit Jahrzehnten?) gibt es den Vorwurf, das Schweizer Radio und das Schweizer Fernsehen seien eher zu linkskonservativ oder zu linksliberal. Stimmen dagegen, die beklagen, SR und SF seien zu rechtskonservativ oder zu rechtsliberal, sind, extreme Positionen ausgeschlossen, kaum je zu hören (Widerspruch gerne in die Kommentare). Mit Roger de Weck an der Spitze der SRG erhält dieser Vorwurf neue Nahrung. Zurecht, denn de Weck ist nur einer der ungezählten Schweizer Journalisten, die durch ihre rigorose Ablehnung der Opposition den Aufstieg der SVP herbeigeschrieben haben (der Wähleranteil stieg von rund 10 auf rund 29 Prozent), siehe dazu auch den Artikel „Blochermania“ (netzwertig.com, Dezember 2008).

Es ist an der Zeit, dass sich neben der „Weltwoche“ im Printbereich im Audio- und Videobereich eine oder noch besser mehrere Alternativen bilden, jenseits von SVP-TV, Tele Züri oder Alternativradios. Da die Gründung von neuen Radio- und TV-Sendern aber aufgrund der hohen Kosten im kleinen Land und der Überregulierung durch Gesetze kaum oder nicht erfolgsbringend möglich ist, bleibt als Verbreitungsraum das Internet, wo so oder so jedes Medium früher oder später landen wird (nein, sowas wie „Fox News“ stelle ich mir nicht vor).

So teuer ist das nicht. Wer investiert?

Andere Stimmen:

Grosse Überraschung (nzz.ch, Rainer Stadler)
Ein Journalist an der Spitze der SRG (sautter.fm, Alexander Sautter)
SRG: Habemus papam! (medienspiegel.ch, Diskussion)
Wahl des neuen SRG-Chefs spaltet Parteien (sf.tv, inklusive Videos)
Roger de Weck als Deus ex Machina (klartext.ch, Nick Lüthi)
Roger de Weck – weil er Konvergenz und Sparübungen besser verkaufen kann? (wahlkampfblog.ch, Mark Balsiger)
Ultra-Etatist wird neuer Führer des staatlichen Rundfunks (arslibertatis.com, Benjamin Bläsi)
Reaktionen auf die Wahl des neuen Generaldirektors
(persoenlich.com)
Interview mit Roger Schawinski, der mit de Weck befreundet ist (tagesanzeiger.ch, Markus Diem Meier)
Hoffnung und Skepsis nach de Wecks Wahl (klartext.ch, Zusammenstellung von Zitaten)
Griechische Verhältnisse (weltwoche.ch, Kurt W. Zimmermann)
Eine fiktive Antrittsrede in Originalzitaten (weltwoche.ch, Alex Baur)
An- und Einsichten des Roger de Weck (weltwoche.ch, Alex Baur)
Politisch motivierter Überzeugungstäter (weltwoche.ch, Roger Köppel)