Vor der Bundestagswahl in Deutschland 2009 (2)
Am Samstagnachmittag war ich in Berlin an der überparteilichen Demonstration „Freiheit statt Angst“. Das Wetter war sonnig, die Menschen friedlich und freundlich und alle waren für die Freiheit.
Nur – für welche Freiheit?
Die Linke war für Freiheit und Sozialismus
Und im Umkehrschluss also auch für Freiheit statt Kapitalismus
Das Motto der Demonstration hiess: Freiheit statt Angst
Diese Gruppe war für freies Denken, freie Bewegung und freies Dasein
Und diese für Freiheit für einen politischen Gefangenen
Ohne Freiheit auf dem Weg zu 1984
Und schliesslich noch, ganz am Ende des Zugs: Freiheit für das Yaam
Sie alle beanspruchen also den Begriff Freiheit – und meinen offensichtlich die verschiedensten Dinge damit.
Etwas verstört hat mich dieses Plakat der Hedonistischen Internationale:
„Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu sagen“
Ich halte diesen Satz für Unsinn (wobei ich jetzt niemandem das Recht auf Geheimnisse strittig machen möchte). Wie ich auch davon überzeugt bin, dass sich Sozialismus und Freiheit gegenseitig ausschliessen.
Noch mehr zu denken gegeben hat mir aber der Umstand, dass ich als jemand, der am Strassenrand steht und Fotos der Demonstration macht, den Überwachungswahn personifiziere. Ich bin nicht darauf angesprochen worden, was für Toleranz oder mangelndes Bewusstsein sprechen könnte. Um nicht missverstanden zu werden: Gewünscht habe ich mir nicht, dass mich jemand darauf anspricht.
Ich habe Fotos und Videos gemacht, weil ich es grundsätzlich nicht falsch finde, Fotos von anderen Menschen zu machen und diese auch zu veröffentlichen. Das ist für mich ein Stück Freiheit. Auch wenn es in vielen Fällen gute Gründe gegen Bilder und deren Veröffentlichung gibt.
Wie Andi Jacomet kürzlich im Beitrag „Was soll die Empörung über Google Street View?“ richtig darlegte, müssten bei einem radikalen Vorgehen in Sachen Datenschutz und Privatsphäre x Medien täglich angeprangert werden. Zeitungen, die Bilder von wartenden Menschen an den S-Bahnhöfen machen, Radios, die Atmosphären einfangen, TV-Sender mit Reportern an öffentlichen Plätzen mit passierenden Menschen im Hintergrund, Twitterer, Blogger, Filmemacher, Handybesitzer, etc.
Hätte ich diese Freiheit nicht, so könnte ich nicht ein Video auf YouTube laden und hier einbetten, das zeigt, wie sich die Piratenpartei einigermassen inhaltsleer und stimmungsvoll als Spasspartei inszeniert:
Ich glaube, und da gehe ich vermutlich mit vielen einig, dass die grösste Überwachungs-Bedrohung vom Staat ausgeht.
Was ich bisher noch nicht verstanden habe: Wieso viele Wähler, die sich für die Freiheit einsetzen, Parteien wählen wollen, die sich dafür einsetzen, den Staatsapparat auszubauen.
Alle Bilder und Videos: Ronnie Grob, 12. September 2009
Schreibe einen Kommentar