Seit dem 1. Februar 2011 gibt es die Medienwoche – zusammen mit René Worni und Nick Lüthi bin ich einer der regelmässigen Autoren.
Mein erster Beitrag behandelt „Das Märchen der Objektivität“. Ich bezweifle darin, dass Journalisten eine objektive Sichtweise einnehmen können, auch wenn sie behaupten, das zu können und stellte fest, dass Journalisten „mehrheitlich links und grün“ wählen würden. Was bestritten wurde, unter anderem in der Medienwoche-Blattkritik von Medienkritikerkritiker Bobby California. Er schreibt:
Die meisten Journalisten seien links. Und erst noch grün. Wahnsinn. «Das ergeben Umfragen regelmässig», schnaubt Ronnie. Welche Umfragen das zeigen sollen, erwähnt Ronnie nicht. Erst im Kommentarteil rückt er mit seiner Quelle raus: Eine Studie mit 58 Absolventen einer deutschen Journalistenschule habe bewiesen, dass die Journalisten mehrheitlich links denken.
Die angesprochene Studie ist von der SPD nahestehenden Friedrich-Ebert-Stiftung. Befragt wurden dafür 58 Schüler von drei der renommiertesten Journalistenschulen in Deutschland (die Deutsche Journalistenschule in München, die Henri-Nannen-Schule in Hamburg, die Kölner Journalistenschule), also Leute, von denen nicht wenige zu den zukünftigen Chefredakteuren des Landes gekürt werden.
Das Ergebnis der Befragung zeigt am meisten Zustimmung für eine politische Haltung, die knapp links der Mitte zu verorten ist (links und rechts kommen auf je 44.1 Prozentpunkte):
Nach der Partei gefragt, die ihnen am nächsten steht, wollen sich 28 Prozent nicht festlegen, sind also unpolitisch oder verschwiegen. Die restlichen Antworten zeigen magere 12 Sympathieprozente für Union und FDP und satte 60 Prozent, die den Sozialdemokraten und den Grünen zugetan sind.
Eine zweite, repräsentative Studie befasste sich 2005 mit den deutschen Journalisten („Journalismus in Deutschland II“, siehe Grafik links). Auf wiso.uni-hamburg.de heisst es dazu:
Um die Grundgesamtheit der Journalisten in Deutschland zu ermitteln, wurde im Frühjahr/Sommer 2004 eine geschichtete Zufallsstichprobe von 1.768 journalistischen Medienbetrieben schriftlich zur Zahl ihrer freien und fest angestellten journalistischen Mitarbeiter sowie deren Verteilung auf Ressorts, hierarchische Positionen und Geschlecht befragt. Auf der Basis dieser Personalzahlerhebung konnte dann die Grundgesamtheit errechnet und nach den zentralen Parametern Mediensparte, Anstellungsverhältnis, Ressort, hierarchische Position und Geschlecht differenziert werden. Im Frühjahr 2005 wurde schließlich eine repräsentative Stichprobe von 1.536 Journalisten aus allen Mediensparten durch das Forschungsinstitut IPSOS telefonisch befragt.
Die in den beiden Studien eruierten politischen Präferenzen habe ich hier mal mit der prozentualen Verhältnissen der Sitze im Bundestag nach der Wahl 2009 verglichen:
Und dann gibt es auch noch den Wert der eigenen Erfahrung. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt einen Journalisten angetroffen habe, der sich explizit rechts einschätzte oder sich den Rechten zugehörig nannte. Meine Erfahrung ist, dass sich Journalisten politisch nur ungern festlegen. Redet man aber länger mit ihnen, zeigen sich bei vielen Sympathien für Positionen links der Mitte. Und viel mehr noch eine starke Abneigung gegen Positionen rechts der Mitte.
Und in der Schweiz soll das alles ganz anders sein als in Deutschland? Das glaube ich nicht. Weitere bekannte Studien zum Thema bitte in den Kommentaren abliefern, vielleicht lässt sich ja das doch recht eindeutige Bild erweitern.
Quellennachweise:
Bild 1 und 2: Screenshot aus „Die Journalistenschüler – Rollenselbstverständnis, Arbeitsbedingungen und soziale Herkunft einer medialen Elite“ von Peter Ziegler (PDF-Datei, siehe dazu auch netzwertig.com vom 24. November 2008.)
Bild 3: Screenshot aus „Journalismus in Deutschland 2005“, ein Auszug von Befunden einer Repräsentativbefragung deutscher Journalisten von Siegfried Weischenberg, Maja Malik und Armin Scholl, veröffentlicht in „Media Perspektiven“ 7/2006, Seiten 346-361, 2006 (PDF-Datei)
Bild 4: Ein Vergleich der in den beiden Studien eruierten politischen Präferenzen mit den Ergebnissen der Bundestagswahl 2009 (Sitze pro Partei in Prozent von allen 626 Sitzen im Bundestag)
Nachtrag, 19. Oktober 2011:
Dazu in der „Medienwoche“ ein ähnlicher Vergleich von mir mit Schweizer Journalisten und Schweizer Parteien: „Welche Parteien die Journalisten lieben“
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