Die Politik muss sich aus dem Sport raushalten

Mit einem grossartigen, aufregenden Finale ist gestern die Fussball-Weltmeisterschaft zu Ende gegangen. Beide Mannschaften schossen drei Tore – und am Ende hatte Argentinien etwas mehr Glück im Elfmeterschiessen. Doch nach dem Spiel drängte sich die Politik wieder in den Vordergrund.
 
Der französische Präsident Emanuel Macron drängte aufs Spielfeld und machte sich an den französischen Spielmacher Kylian Mbappé heran, was diesem sichtlich Unbehagen bereitete. Der Sportler ignorierte den Politiker, so gut er das konnte, auch Teamchef Didier Deschamps drehte sich sofort um, als er Macron entdeckte. Dann drängte sich Macron bei der Verleihung der Medaillen für den zweiten Platz an die enttäuschten und deprimierten Spieler heran, und hielt es sogar für angemessen, ihnen in der Kabine eine Predigt zu halten. Was die Spieler von einem Politiker in dieser Situation halten? Ihre Gesichter sprechen Bände.
 
Dass der Funktionär Gianni Infantino und der Emir von Katar mit Pfiffen im Stadion empfangen wurden, zeugt nicht von der Zufriedenheit des Fussballpublikums mit ihnen. Dass die beiden aber die langfädige Preisvergabe zur Show in eigener Sache machten, ist unverzeihlich. Lionel Messi, einer der grössen Spieler der letzten Jahrzehnte, wurde von ihnen im wichtigsten Moment seiner fussballerischen Karriere genötigt, das argentinische Nationaltrikot mit einem schwarzen Umhang zu verhüllen. Nun zeigen all die Siegerfotos Messi im arabischen Bischt, einem Umhang aus Kamelhaar und Schafwolle.

Auch andere Mannschaften wurden von Journalisten während dem Turnier immer wieder auf Fragen der Politik angesprochen: auf die Menschenrechtsfrage beim Bau der Stadien in Katar, auf den Umgang mit Homosexuellen in Katar, auf das Tragen einer One-Love-Binde. Die Schweizer Spieler wurden zu den Beziehungen zwischen Kosovo und Serbien befragt. Was haben sie damit zu tun? Wer schon mal als Spieler bei einem wichtigen Match auf dem Feld stand, weiss, dass Krieg herrscht. Es geht darum, dass Spiel am Ende mit allen möglichen Mitteln im Rahmen der geltenden Regeln für sich zu entscheiden. Deshalb sind Fussballer am ehesten mit Kriegern zu vergleichen: Ihre Aufgabe ist es, das Spiel zu gewinnen, nicht, politische Fragen zu analysieren.
 
Natürlich soll sich ein Spieler wie jeder Bürger frei zur Politik äussern dürfen, aber das hat so viel Gehalt wie eine Strassenumfrage. Die aufgeladene politisch-moralisch Stimmung entlud sich gestern mit der (durchaus pubertären) Geste des 30-jährigen Torhüters von Argentinen, Emiliano Martinez, der die eben gewonnene Trophäe für den besten Torhüter des Turniers vor seine Geschlechtsteile hielt – ein treffender Kommentar zur Lage durch einen frischgebackenen Weltmeister, der in der Nachspielzeit der Nachspielzeit einen Schuss des Franzosen Randal Kolo Muani in extremis rettete.

Die Aufgabe der Funktionäre liegt einzig darin, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass solche Spiele abgehalten werden können – ansonsten haben sie sich im Hintergrund zu halten. Und die Aufgabe der Politik ist es, den Sport in Ruhe zu lassen. Politiker werden auf der Tribüne geduldet, doch eigentlich hätten sie ja genügend Probleme in ihren Ländern zu lösen und müssen nicht nach Katar fliegen. Wer einen Politiker auf dem Spielfeld erwischt, sollte ihn behandeln wie einen Flitzer. Einfangen und höflich nach draussen befördern.

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