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Das Tempelhofer Feld: Der Luxus der Leere inmitten von Berlin

Das arme Berlin hat es, das reiche Zürich nicht: Ein Brachfeld inmitten der Stadt, in dem sich die Bürger erholen können. Ein Zufall ist das nicht. Die Berliner haben es dem Staat auf direktdemokratischem Weg abgetrotzt, der dafür ganz andere Pläne hatte.

«Das Brachland als Kulturraum funktioniert. Ohne staatliche Subventionen, sondern indem den Menschen ein freier Raum gewährt wird, wo sie sich nach eigener Manier entfalten können. Das Feld ist ein grosser Spielplatz geworden, der fast alleine den Bürgern gehört.»

«Der Luxus der Leere inmitten von Berlin»
(nzz.ch, 1. September 2016)

Weshalb ich beim Schweizer Monat anfange

Ab August 2016 werde ich drei Tage die Woche beim «Schweizer Monat», der Autorenzeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur, tätig sein. Weshalb gebe ich dafür meine Freiberuflichkeit teilweise auf?
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Berliner, beteiligt Euch am Volksentscheid zum Tempelhofer Feld!

Liebe Berliner, geht doch bitte morgen abstimmen für den Erhalt des Tempelhofer Felds.

Ich würde das ja gerne auch machen, aber ich bin Ausländer und behalte dann doch lieber meine (viel umfangreicheren) direktdemokratischen Rechte in der Schweiz („über das Tempelhofer Feld dürfen nur Deutsche entscheiden“).

Denn aktuell ist das Feld eine mehrheitlich nicht kommerziell genutzte, herrliche Einöde, in der sich alle Bewohner der Stadt wunderbar erholen können – eine beispiellose Freifläche inmitten der Stadt, gegen die selbst der New Yorker Central Park abstinkt (Fläche Tempelhofer Park: 355 Hektar, Fläche Central Park: 349 Hektar). Diese Freifläche soll jetzt an den Rändern etwas zugebaut werden, zum Beispiel mit Gewerbegebiet (aktuell in Berlin freistehende Büroflächen: 1 600 000 Quadratmeter). Kosten soll das den Steuerzahler insgesamt 620 000 000 Euro, die Berlin bekanntlich gar nicht hat.

Ich bin ja weder konservativ noch wirtschaftsfeindlich, aber in diesem Fall geht es darum, dass eine Bebauung einfach völlig unsinnig wäre. Der Status Quo macht alle glücklich, es wäre idiotisch, daran etwas zu ändern. Und wird das Projekt tatsächlich gebaut, könnte es gut sein, dass irgendwann das Geld ausgeht, denn die Finanzlage von Berlin ist äusserst prekär – weshalb man mit dem zur Verfügung stehenden Geld besser sinnvolle Projekte anpackt.

Geht auch dann zur Abstimmung, falls ihr für eine Bebauung des Felds seid – denn die Direkte Demokratie kann ja nur eine Zukunft haben, wenn sie nicht ignoriert wird. Für die Befürworter der Initiative zählt jede Stimme, denn „ein Viertel der Wahlbereichtigten muss dem Gesetz zustimmen, damit es in Kraft tritt (Quorum). Das sind rund 633.000 benötigte JA-Stimmen“. Informieren dazu kann man sich zum Beispiel im Internet (und nicht in Medien wie „Bild“, die ihre Leser offenbar am Liebsten im Zustand der Verwirrung und des Nicht-Verstehens haben).

Der Verlust des Grundsätzlichen

In unserer immer besser und immer reibungsloser funktionierenden Welt gehen die Grundlagen vergessen.

* * *

Sitzende Menge in Saragossa

In Griechenland und Spanien, bald auch in anderen Ländern, demonstrieren Menschen gegen die Sparmassnahmen der Regierung.

Vergessen oder verdrängt wird dabei, dass diese Regierungen nahezu pleite sind. Es bleibt ihnen also, wenn sie nicht auf einen totalen Bankrott zusteuern wollen, gar nichts anderes übrig, als zu sparen.

Und auch wenn sie nicht sparen wollen: Organisationen, die nahe an der Pleite sind, verlieren überall ihren Handlungsspielraum. Die deutschen Bundesländer Berlin, Bremen, Saarland und Schleswig-Holstein werden wegen einer „drohenden Haushaltsnotlage“ überwacht – es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie ganz ihre Souveränität verlieren. Kaum noch Handlungsspielraum haben inzwischen auch die europäischen Schuldenstaaten Griechenland, Irland und Portugal. Andere werden folgen.

Auf längere Frist wird so die Demokratie und der Föderalismus ausgehebelt – de facto entscheidet ein undurchsichtiges Konglomerat aus Staatsspitzen, Organisationen und Banken.

Die Demonstrationen gegen die Sparmassnahmen sind zwar nachvollziehbar, aber auch sinnlos. Denn es gibt nur zwei Möglichkeiten: Es wird gespart. Oder es droht der Bankrott. Alle anderen möglichen Massnahmen liegen irgendwo dazwischen – sie werden nicht zu einer Verbesserung der Situation führen. Es sei denn, die Wirtschaft dieser Länder erholt sich. Dazu bräuchte es (kurzfristig) aber schon sowas wie ein Wunder.
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Gu-Gu-Guttenberg!

Glanz geht vor Verantwortung: Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg waren bislang die Lieblinge vieler Politikjournalisten in Deutschland.

Die letzten Monaten und Jahre schrieben deutsche Politikjournalisten das Ehepaar Karl-Theodor und Stephanie zu Guttenberg zum neuen Kanzler und zur neuen First Lady empor. Überraschend ist das nicht, da Journalisten eine Vorliebe haben für elitäre Kreise, die sich vom Fussvolk abheben. Tatsächlich hat Guttenberg auch im Volk gute Beliebtheitswerte – was wiederum mit den Journalisten zu tun hat, die ihn so positiv darstellen (vom Gegenteil kann Guido Westerwelle ein Lied singen).

"Spiegel"-Cover: "Die fabelhaften Guttenbergs"Es lohnt sich, nochmals die „Spiegel“-Titelgeschichte vom 18. Oktober 2010 (Ausgabe 42) zu lesen, in der Guttenberg vom „Spiegel“ als „Der Bürgerkönig“ verkauft wird.

Als ich das Cover das erste Mal erblickte, dachte ich an eine witzige, distanzierte Titelgeschichte. Stattdessen las ich ein gänzlich unironisches Stück, das die Guttenbergs als neues Kanzlerpaar zu inthronisieren versuchte.

Ich picke hier mal einige Passagen heraus (in chronologischer Reihenfolge):

Nach der Diskussion stellte sich Guttenberg an die Theke, gleich neben dem Eingang. Die Massen schoben sich schmachtend an ihm vorbei, ihr Blick zeugte von tiefer Achtung. Die wenigsten trauten sich, ihn anzusprechen, viele nickten anerkennend, worauf Guttenberg sein Bierglas hob. Die Szene hatte etwas von der Huldigung für einen König. (…)

Auf seinem Rundweg durch das Dorf ist Bürgermeister Hain am Schlagbaum vor dem Schloss angelangt. Ein Warnschild verkündet „Einfahrt verboten“. Dies ist die Grenze zwischen bürgerlicher und adliger Welt. (…)

Kein anderer Spitzenpolitiker hat eine Herkunft wie diese. Die meisten kommen aus kleinen oder gutbürgerlichen Verhältnissen. Es wirkt wie ein Witz, dass ausgerechnet der Mann, der hinter einem Schlagbaum aufgewachsen ist, die Hoffnung der Bürger sein soll. Aber es ist so. Was hat er politisch gemacht aus seinem Leben im Schloss?

Guttenbergs Aufstieg zur politischen Lichtgestalt begann mit dem Fall Opel. (…)

Guttenberg wurde vom Faszinosum zum Star. (…)

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