Per Zufall bin ich über den schönen Kurzfilm «Demokratie in Gefahr» von 1949 gestolpert. Regie führte Kurt Früh, und Schaggi Streuli spielte mit:
Was war das für ein Film und was fällt aus der Distanz von 66 Jahren auf?
- Einer der grossen Errungenschaften der Schweiz war damals wie heute, dass sich ein Bundesrat ohne Bodyguard (heute) bzw. Geheimpolizist (damals) bewegen kann (ab 8:25 Minuten).
- Aus heutiger Sicht kommt der Film nur schwer in Gang. Wer abkürzen will, sollte gleich bei «Schlecht geträumt, Herr Rüegg?» (2:50 Minuten) einsteigen. Sehenswert ist auch die Thematisierung des Panaschierens und Kumulierens bei den Wahlen (5:50 Minuten) und der Teil, in dem es um die Grundwerte der Demokratie geht (ab 6:50 Minuten): Freiheit der Wahl, Souveränität des Volkes, Trennung der Gewalten, Rechtsschutz und Rechtsgleichheit, Freiheit des Wortes, Freiheit des Glaubens und Gewissens.
- Die Parallelen zum ebenfalls 1949 erschienen «1984» von George Orwell sind unübersehbar. Wie Franz Kasperski auf srf.ch schreibt, haben Orwell und Früh aber nichts voneinander gewusst. Kaperski schätzt den Film so ein: «Kurt Frühs Kurzfilm ist ein experimentierfreudiger beizeiten komischer Kurzfilm, der eine Bildsprache an den Tag legt, die grosses Kino war. ‹Demokratie in Gefahr› ist ein Werbespot für Demokratie. Und ging fast vergessen. Zu Unrecht.»
- Die Angst vor dem die Freiheit zunichte machenden Sozialismus war damals offenbar grösser als heute. Die Gefahr dagegen ist allerdings kaum kleiner geworden, die Gefahr der Überwachung hat sich mit den technischen Möglichkeiten gar vervielfacht.
- Der Film war «eine Koproduktion des Eidgenössischen Departements des Innern und von Stadt und Kanton Zürich» (Tages-Anzeiger vom vom 7. Dezember 2007) und wurde als Werbung für die Schweiz im Ausland gezeigt: «Die amerikanischen Besatzungsbehörden in Deutschland nutzten ‹Demokratie in Gefahr› gar als Erziehungsfilm für die Bevölkerung» (Tagblatt der Stadt Zürich vom 21. November 2007). Und für was gibt Präsenz Schweiz wohl gerade Geld aus?
- Die NZZ schrieb am 24. Juni 1950 dies über den Film:
- Wie würde es wohl eingeschätzt werden, wenn die SVP oder die FDP heutzutage so ein Video machen würde mit einem fiktiven «Herr Rüegg», gespielt von einem beliebten Volksschauspieler? Vielleicht wäre es gar nicht schlecht, wenn die Demokratie, gerade die Direkte Demokratie, wieder mehr Fürsprecher erhielte. Sie können ja auch mit privaten und nicht mit öffentlichen Geldern finanziert werden.
Schreibe einen Kommentar