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Die FDP scheut den Konflikt

Die Voraussetzungen für eine liberale Partei bei den Schweizer Parlamentswahlen am kommenden Sonntag sind nicht schlecht: Die grüne Welle ist abgeebbt, die Wähler bereit für realistischere, wirklich nachhaltige politische Angebote. Doch die FDP wird gemäss den Umfragen nicht zulegen bei den Wahlen, sondern verlieren. An was liegt das?

1. Die FDP will um jeden Preis geliebt werden: Und zwar von allen. Sie will von den grünlinksliberalen Journalisten geliebt werden, deren Auftrag es ist, kritisch über sie zu berichten. Und sie will auch von den Exponenten anderer Parteien geliebt werden, die verhindern wollen, dass sie gewinnt. Eben weil sie dazu neigt, unangenehmen Konflikten auszuweichen, versucht sie, als Mitte-Partei gegen die Mitte gewinnen.

Ein klares Profil kann sie dabei nicht herausbilden, im Gegenteil: Die Mitte der Partei bleibt bleich und konturlos. Die profilierten Exponenten an den Rändern dagegen könnten auch gut in eine andere Partei wechseln. Eine Nadine Jürgensen oder eine Susanne Vinzenz-Stauffacher wären bei den Grünliberalen oder den Sozialdemokraten bestens aufgehoben; ein Matthias Müller dagegen könnte gut auch für die SVP politisieren.

2. Fehlender Block rechts: Gemäss dem neuesten Parlamentarierrating der NZZ driften Grüne weiter nach links, vor allem aber sind die Grünliberalen zusammen mit der EVP viel stärker nach links abgewandert. Die FDP dagegen verharrt tapfer ganz wenig rechts der Mitte. Das Bild ist klar: Während auf der linken Seite SP und Grüne einen klaren Block bilden (und Schützenhilfe erhalten von GLP und EVP), schmiegt sich die FDP an die Mitte.

Eine Zusammenarbeit mit der SVP wird zwar versucht, geschieht aber nur halbherzig; auch hier regiert die riesige Angst vor Kritik. Dabei hätte eine klar liberal positionierte FDP ein riesiges Wählerpotenzial. Leuten, die nicht links wählen wollen und auch nicht Mitte, sondern klar rechtsbürgerlich, offeriert die FDP nichts – sie sehen sich dazu gezwungen, SVP zu wählen. Genau das passiert nun: Ich kenne x Leute, die 2023 zum ersten Mal in ihrem Leben SVP wählen. Und nicht mehr FDP.

3. Reden, aber nicht liefern: Das schöne Mantra der Freiheit redet die FDP, aber liefert sie auch? Für mich die grösste Enttäuschung war das Verhalten eines Grossteils der FDP während Corona. Statt sich beherzt gegen massiven Schaden anrichtende Lockdowns einzusetzen und Personen zu verteidigen, die von staatlichen Massnahmen gegängelt werden, stellte sie sich blind und taub und ängstlich hinter die Position der Regierung und ihrer Experten. Wir werden sehen, ob das die Wähler vergessen haben.

Ebenfalls zunehmend in Frage stellen Wähler die Substanz jenes Teils der Wirtschaft, den sie eng mit der FDP assoziieren. Sie fragen sich bang: Ist der Fall Credit Suisse nur die Spitze des Eisbergs? Gehen bald weitere vermeintliche Spitzentanker der Schweizer Wirtschaft unter? Natürlich zieht die FDP weiterhin auch Wähler aus Startups und anderen neuen Teilen der Wirtschaft an; die Konkurrenz ist aber grösser geworden. Viele Unternehmer sind an die SVP und an die GLP verloren gegangen.

4. Wirkungsloser Wahlkampf: Die bürgerlichen Wirtschaftsverbände haben sich im Wahlkampf verbündet und ihre Kräfte gebündelt – was grundsätzlich eine sehr gute Idee ist! Doch leider haben sie unter dem Label «Perspektive Schweiz» einen Wahlkampf betrieben, der zwar Millionen kostet, aber niemanden, aber wirklich niemanden interessiert. Ein kurzer Blick auf den YouTube-Kanal zeigt, dass die Inhalte völlig ignoriert wurden: die meisten der Videos wurden von kaum mehr als einer Handvoll Personen angeschaut.

Besser macht es Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher, der Firmen seines Verbands auf seinem LinkedIn-Profil vorstellt – und das «hands on» –, indem er direkt aus der Fabrikhalle berichtet. Seine Berichte zeigten auch schon vor seinem Wahlkampf als Nationalrat sehr viel mehr von der konkreten, realen Schweizer Wirtschaft als die im Kern wirtschaftsfremde Kampagne von «Perspektive Schweiz».

5. Eine Partei, von der alle nur nehmen: Das grösste Problem der FDP ist, dass sie zu einer Partei geworden ist, bei der die Ziele nicht mehr an erster Stelle stehen. Die Partei dient für viele lediglich als Vehikel zum Boost der eigenen Karriere und um wichtige Kontakte zu schmieden. Doch auch hier kommt der Wähler ins Spiel, der sich fragt: Soll ich Kandidaten wählen, denen die eigenen Vorteile weit über das hinausgehen, was sie politisch erreichen wollen?

Wer sich aufgrund der Aussage «In meiner Freizeit mache ich Yoga» in den Nationalrat wählen lassen will – so wie Véronique Gerber-Fridez von den FDP Frauen – versucht sich in vollendeter Inhaltslosigkeit. Bestehen hier überhaupt politische Ziele?

Was nun? FDP wählen! Es ist wahltaktisch die richtige Lösung.

– Der erwartete grosse Wahlsieg der SVP bringt den bürgerlichen Wählern nur wenig, wenn die SVP nicht über starke bürgerliche Partner verfügt.

– Neben den erwähnten Karrierepolitikern hat die FDP auch viele engagierte, im Kern liberale Leute aufgestellt. Wer die FDP von innen heraus verändern will, muss all jene unbedingt auf den Wahlzettel schreiben.

– Wollen FDP und SVP ihre Mehrheit im Bundesrat behalten, darf die FDP nicht allzu stark verlieren. Was für ein Jammer wäre es für die liberale Schweiz, wenn nur noch ein einziger Vertreter der Staatgründerpartei FDP in der Regierung sitzt.

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Die falsche Kommunikationsstrategie der Energiegesetz-Gegner

Es war ein Fehler, den GOAL-Werber Alexander Segert für die Kampagne gegen das Energiegesetz zu beauftragen. Unentschiedene Stimmbürger wurden durch die lebensfremden Übertreibungen ins Befürworter-Lager getrieben.

Ich habe das Energiegesetz abgelehnt – leider war ich in der Minderheit, das Gesetz wurde mit 58,2 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Das gilt es zu akzeptieren. Nun werden wir also unser Verhalten beschränken, mehr Vorschriften befolgen und höhere Stromrechnungen bezahlen müssen. Es wird sehr viel Geld umverteilt werden für eine zweifelhafte Energiezukunft mit Flatterstrom, der bekanntlich nicht immer dann produziert wird, wenn er gebraucht wird. Die Speicherung von Strom ist – Status heute – nach wie vor Zukunftsmusik.

Der SVP ist es hoch anzurechnen, dass sie das Referendum gegen dieses planwirtschaftliche Gesetz ergriffen hat. Dagegen ist festzustellen, dass die Führung der bürgerlichen Parteien FDP und CVP in diesem Fall versagt hat. Die Spitzen dieser Parteien haben sich, gemeinsam mit vielen Lobbygruppen aus der Wirtschaft, von den vom Staat bereitwillig verteilten finanziellen Zückerchen kaufen lassen.

Doch verloren wurde die Abstimmung mit der gewählten Kommunikationsstrategie. Statt die vielen Nachteile des aufgeblähten Gesetzes auseinanderzunehmen und die Kosten und der Nutzen aufzuzeigen, wie das etwa die Partei UP getan hat, wurde versucht, das Energiegesetz mit einer Kampagne des GOAL-Werbers Alexander Segert zu bekämpfen.

Segerts oft zweifelhaft vereinfachenden Kampagnen können SVP-Kandidaten und reine SVP-Anliegen zur Wahl führen. Womöglich können sie auch emotionsgeladene Abstimmungen für sich entscheiden. Keinesfalls jedoch überzeugen sie eine unentschiedene, teilweise unpolitische Mitte, die über die konkreten Vor- und Nachteile einer komplexen Energiestrategie nachdenkt. Ich behaupte, dass die Nein-Kampagne von sehr vielen Stimmbürgern als masslos übertrieben, als nicht realitätsgerecht wahrgenommen wurde. Hier zwei der vom NEIN-Komitee im Abstimmungskampf eingesetzten Beispiele:

Kalt duschen

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Energiegesetz: Mit finanziellen Zückerchen zu einem «Ja»

Kürzlich war ich bei einer Podiumsdiskussion einer Arbeitsgruppe der Grünliberalen der Stadt Zürich im Zentrum Karl der Grosse. Das Komitee Energiestrategie JA – übrigens beheimatet bei der CVP Schweiz – verteilte dabei Rollen mit Traubenzucker.

Dieses Bild könnte kaum passender sein. Denn das neue Energiegesetz (Abstimmungstext) hält (finanzielle) Zückerchen bereit für alle, die gegen die massive Ausweitung dieser neuen Subventionen sein könnten. Die Rechnung dafür werden, wie bereits in Deutschland zu sehen ist, die Bürger und die KMU zahlen müssen, über eine massiv höhere Stromrechnung und über eine höhere Steuerbelastung. Ich glaube, dass es gerade bei dieser Abstimmung lohnenswert ist, sich genau zu informieren. Einfach nur irgendwie für einen Fortschritt (oder gegen die Referendumsergreiferin SVP) zu sein und deshalb dem Gesetz zuzustimmen, reicht nicht aus. Gute Informationen, wie sich der Subventionsausbau im Detail gestaltet, hat etwa Simon Scherrer von «up» (Positionspapier) zusammengetragen.

Wer gegen Subventionen, gegen mehr Vorschriften und gegen eine höhere Stromrechnung ist, ist gut beraten, bei der Abstimmung am 21. Mai 2017 mit «Nein» zu stimmen. Für den «Schweizer Monat» hab ich das noch etwas schicker formuliert:

Blackout bei den Liberalen

Manch wirtschaftsnaher Politiker lässt sich von den Bonbons der Energiestrategie verführen. Eine langfristig vernünftige Ordnungspolitik ist aber wichtiger als kurzfristige Gewinne aus Subventionen.

Wird das umfassend ausgebaute neue Energiegesetz angenommen, werden wir unser Verhalten beschränken, mehr Vorschriften befolgen und höhere Stromrechnungen bezahlen müssen. Die Folgen sind beim Pionier der «Energiewende» genannten Energie-Planwirtschaft zu besichtigen: In Deutschland fliessen 2017 insgesamt 24,2 Milliarden Euro – etwa mit diesem Betrag hat die Schweiz die NEAT gebaut – in Abgaben für erneuerbare Energien, und die Kosten für den Ausbau des Stromnetzes und für den Atomausstieg sind hierbei noch nicht mal eingerechnet. Energiegesetz: Mit finanziellen Zückerchen zu einem «Ja» weiterlesen

480’000’000’000 geheime Euro

Vor der Bundestagswahl 2009 in Deutschland (4)

Deutsche Parlamentarier dürfen über einen Betrag, der doppelt so gross ist wie der gesamte Bundeshaushalt, nicht entscheiden und werden auch nur sehr spärlich informiert. Es geht um 480 Milliarden Euro an direkten Hilfen und Bürgschaften. Stattdessen droht ihnen eine Gefängnisstrafe, sollten sie Informationen, die sie darüber erfahren, publik machen:

Entmachtet hat sich das Parlament selbst, im Eilverfahren während der Panik der Finanzkrise. Mit Stimmen von CDU, SPD und der FDP hat sie die Verantwortung am 17. Oktober 2008 an den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) ausgelagert.

Es liegt also nahe, eine Partei zu wählen, die sich für die Bürgerrechte einsetzt. Die gewählte Staatsform nennt sich ja immer noch Demokratie.

Leicht zu beeinflussen: Marianne Gilgen

Marianne Gilgen ist seit April 2008 Redaktionsleiterin der politischen Diskussionssendung „Arena“, seit 2001 arbeitet sie als Redakteurin und Produzentin der SF-Sendung mit. Fehlende Erfahrung hatte also nichts damit zu tun, als sie dem „Tages-Anzeiger“ zur Besetzung der Sendung vom 18. September 2009 sagte:

„Der Generalsekretär der FDP hat mir mitgeteilt, er halte Köppel für keine gute Idee, und er hat mir zu verstehen gegeben, Herr Burkhalter werde nicht teilnehmen, falls Roger Köppel dabei sei.“

Und:

„Wenn ich an diesem Tag die Wahl habe zwischen dem neu gewählten Bundesrat und Herrn Köppel, dann fällt meine Wahl halt auf den Bundesrat.“

Kurz zum besseren Verständnis, die Akteure: Didier Burkhalter ist der am 16. September neugewählte Bundesrat – es ist gut möglich, dass er mit dem Fall gar nichts zu tun hat. Roger Köppel ist Chefredakteur und Inhaber der Wochenzeitschrift „Weltwoche“. Er wurde von Frau Gilgen „provisorisch“ als Diskussionsteilnehmer in die Sendung eingeladen – und dann wieder ausgeladen. Der Grund liegt beim FDP-Generalsekretär Stefan Brupbacher, der „seinen“ neuen Bundesrat nur teilnehmen lassen wollte, wenn Köppel der Sendung fernbleibt – was ihm gelungen ist.

Bedingungen zu stellen ist legitim, man kann das ja versuchen. Doch wenn eine Redaktionsleiterin tatsächlich bereit ist, über solche Bedingungen zu diskutieren und Teilnehmer Einfluss auf die Gästeliste nehmen lässt, dann ist sie schlicht in der falschen Position. In eine Sendung lädt man zu einem Thema ein – und dann kommt, wer kommen kann und will. Dass keine untragbaren Gäste eingeladen werden, dafür sorgt die Redaktionsleitung.

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